Selbstverwirklichung und Individualismus statt Politiker-Rap und Null-Bock-Mentalität

daniela.hinterleitner.uni-linz, 1. Juni 2014, 18:59

Selbstverwirklichung als eines der wichtigsten Werte unserer Jugendgeneration. Zielgruppenansprache "Jugend" in der Werbung durch Jugendsprache meistens eher peinlich als förderlich. Gesundheit, Geld und Familie statt „Null-Bock-Mentalität“.

Die Jugend von heute träumt von Gesundheit, finanzieller Sicherheit und einer glücklichen Familie. Die größten Sorgen sind ein Krankheits- oder Todesfall in der Familie und der Verlust des Jobs. Die Wünsche und Träume unserer Jugend sind also durchaus bodenständig und man merkt nichts von der oft zitieren „Null-Bock-Mentalität“ der Jugendlichen. Ganz im Gegenteil die Jungen sind engagiert im Job, zeigen soziales Verantwortungsbewusstsein und ihr größten Träume – Gesundheit, Geld und Familie – sind schon mit jenen früherer Generationen vergleichbar. [Q1]

Dennoch hat jede Jugendgeneration seine eigenen Trends, Werte und Charakteristika. Natürlich kann man nie alle Jugendliche einer Zeit in einen Topf werfen, dennoch hat jede Generation seine Schwerpunkte: Waren es in den 60er und 70er Jahren die Hippies und Blumenkinder, die die Freiheit und Liebe besangen, ist es heute vor allem die Individualität und Selbstverwirklichung was zählt. Oft auch aus egozentrischen Gründen. [Q2]

Sehen wir uns nun ein paar Schwerpunkte im Leben von Jugendlichen an und welche Strömungen und Werte hier gerade zu erkennen sind. An dieser Stelle sei jedoch angemerkt, dass es keine Vereinheitlichung der gesamten Jugend geben kann und dies nur Auszüge sind. Jede Jugendgeneration hat jedoch gewisse Werte, die dominat sind.

 

Statussymbole
Waren früher schnelle und teure Autos oder ein tolles Smartphone wichtige Statussymbole der Jugendlichen, geht nun der Trend in Richtung Selbstverwirklichung. Individualismus als Statussymbol? Im ersten Moment hört sich das vielleicht etwas weit hergeholt an, dennoch ist es so, dass der Individualismus sich in den Dienst des Egoismus begibt und dadurch zum Statussymbol wird. Hat man die Freiheit und das Geld zu tun, was man will – wir sind eine der ersten Generationen, die das können - zeigt das von einem gewissen Status. So kann zB ein Jahr in einem Entwicklungsland egozentrische Gründe haben und das Statussymbol dahinter ist die Selbstverwirklichung. Wenn man die Posts auf Facebook und Co. von Freunden durchsieht, wird sicher dem einen oder anderen klar, dass die Selbstverwirklichung und der Individualismus in der Jugend einen hohen Stellenwert haben. [Q2]

 

Jugendsprache
Die Sprache ist ein wesentlicher Aspekt, wodurch sich Jugendliche vom Rest der Gesellschaft abgrenzen. Es gibt jedoch nicht eine Jugendsprache, sondern die sprachlichen Abwandlungen hängen von der Wohngegend und dem Bildungsniveau der jungen Menschen ab. Ein wesentlicher Einflussfaktor in der heutigen Jungendsprache ist das Internet: Abkürzungen, die im Web verwendet werden, um schneller zu antworten und weniger zu tippen werden auch in den verbalen Sprachgebrauch übernommen:

  • WTF: What the fuck? = Was zum Teufel soll das?
  • LOL: Laughing out loud = lautes Lachen
  • Gefällt mir: Button bei Facebook, wird auch regelmäßig verbal verwendet.
  • … [Q3]

Interessant: Jene Jugendwörter, die in regelmäßigen Abständen gewählt werden, werden meist erst in den Sprachalltag der Jugendlichen übernommen, nachdem das Wort als Sieger veröffentlicht wurde. [Q4]

Auch die Mimik, Gestik und der Erzählstil von Jugendlichen unterscheidet sich grundlegendem in dem von Erwachsenen. Junge Menschen erzählen meist mit vollem Körpereinsatz, spielen Dialoge mit verstellten Stimmen nach und imitieren Gestik und Mimik Beteiligter der Geschichte. Ziel ist es dem Gegenüber zu imponieren und wettzueifern. Eine klare Abgrenzung zur normalen Sprache besteht auch in der sehr häufigen Verwendung von obszönen und sexuellen Begriffen. [Q5]

 

Politik & Gesellschaft
Bei einer Befragung von Jugendlichen kam es zu dem Ergebnis, dass Politik in der Jungend allgemeinen keinen sehr hohen Stellenwert hat. Hier ist jedoch zu beachten, dass gesellschaftspolitisches Engagement (zB Demonstrationen, bildungs- und umweltbezogene Belange, Interesse an aktuellen Problematiken) von den Jungen selbst oftmals nicht als politisch eingestuft wird. Die Umfrage hat ebenso ergeben, dass Jugendliche nach wie vor hauptsächlich die klassischen Medien (Fernsehen, Radio, Zeitung und deren Onlineauftritte) heranziehen, um sich über politisches Geschehen zu informieren. Social Media spielt eine stark untergeordnete Rolle. [Q6]

Das Wahlverhalten der Jugendlichen hängt vom Bildungsniveau und Geschlecht ab, so wählen mehr Männer rechtslastige Parteien (FPÖ/BZÖ), junge, gebildete Frauen tendieren zu den Grünen. Junge Menschen erliegen leicht dem Populismus von FPÖ und BZÖ, seichte Parolen adressieren die Probleme der Umwelt der Jugendlichen und die Rechtsparteien schaffen dabei einen Wähleranteil bei den unter 30jährigen von knapp 50%. [Q7]

Den jungen Menschen wird jedoch auch immer mehr die Wichtigkeit von Nachhaltigkeit und Umweltschutz bewusst und ist sich seiner Aufgabe gegenüber der Gesellschaft durchaus im Klaren. So entwickelt sich der eine Schicht von Typen (rund 10% der Jugendlichen), die auf Nachhaltigkeit Wert legen und sich der sozialen Verantwortung stellen. Diese Gruppe wird oftmals als Hipster oder Postmaterielle bezeichnet. [Q8, Q9] Auch der Trend zu regionalen Produkten, veganen oder vegetarischen Lebensstil fällt in diese Kategorie.

 

Körperkult & Kleidung
„Was ein Mann schöner is wie ein Aff, is ein Luxus“ (Friedrich Torbergs Tante Jolesch)

Dieses Sprichwort gilt für die heutige Jugend nicht mehr, sowohl junge Männer als auch Frauen wollen durch ihr Körperbild sozial akzeptiert und erwünscht sein. Der durchtrainierte, fitte, junge Körper ist - gepusht vom Mode- und Fitnessmarkt – gerade unter Jugendlichen zum Leitbild geworden. Body-Modification (Tattoos, Piercings) sind längst zum Mainstream geworden, für Jugendliche ist ihr Körper Ausdrucksmedium. [Q10] Am Körper und der Kleidung Jugendlicher lassen sich meist auch Rückschlüsse auf ihren Lebensstil ziehen: Wird Wert auf faire Mode gelegt, ist der Jugendliche meist in die Kategorie der Hipster einzuordnen. Trägt jemand teure und exklusive Marken fällt er eher in die Typologie der Styler. [Q8]

Passend zum Thema Körperkult: Eine etwas andere Analyse des Germany´s Next Topmodel Finale:

BILD erklärt das Topmodel-Finale: Ein Nacktskandal und warum die Gewinnerin früh ins Bett musste

 

Was bedeutet das nun für Unternehmen, die Werbung und die Kommunikation mit der Zielgruppe „Jugend“?
Obwohl immer wieder darauf hingewiesen wird, dass man die Zielgruppe „Jugend“ mit deren Sprache ansprechen sollte, muss ich dem zu einem gewissen Grad widersprechen. Oftmals ist es nur peinlich, wenn Unternehmen oder Politiker krampfhaft versuchen, die Ausdrucksweise der Jugendlichen zu imitieren und auf diese Weise anzusprechen (zB Rap-Video von HC Strache, Rap-Plakate von CSU-Kandidat Giersdorf, ÖBB-Sommerticket-Kampagne „Oida, Sommer“,…)

 

Besser ist dem Stil des Unternehmens treu zu bleiben und die Jugendlichen auf deren Plattformen (Social Media) zu erreichen. Fühlt sich ein Jugendlicher mit den Selbstdarstellungstraits des Unternehmens verbunden, dient es der Selbstverwirklichung und diese wiederum ist ja das neue Statussymbol der Jugend. [Q2]

Quellen:

2 comments :: Kommentieren

Interessanter Ansatz hinsichtlich Statussymbol

eva-maria.schober.uni-linz, 2. Juni 2014, 16:18

Anders als ich hast du als Statussymbol für Jugendliche anstatt materieller Dinge, die Selbstverwirklichung fokussiert. Diesen Ansatz finde ich sehr interessant und auch nachvollziehbar, da Jugendliche als Individuen und etwas Besonderes wahrgenommen werden möchten. Dennoch denke ich, dass auch das Smartphone ein wichtiges Statussymbol für die heutige Jugend einnimmt, da es häufig als Mittel zur Selbstdarstellung und Steigerung des eigenen Ansehens eingesetzt wird.

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Überber einen Kamm...

stephan.hackl.uni-linz, 2. Juni 2014, 16:35

... geschert finde ich die Aussage, dass von der "Null Bock-Mentalität" nichts zu merken sei. Ganz im Gegenteil, es Bedarf hierbei einer genaueren Betrachtung um dies zu bestätigen. Belegbar fand auch ich eine Quelle die anhand einer repräsentativen Befragung darstellt, dass Jugendliche heute bedeutend mehr Wert auf Bildung und einen akademischen Abschluss legen, als noch in den neunziger Jahren, aber die Einstellung gegenüber Familie, Geld und der Geisteshaltung in Richtung Zukunft, ein doch erheblicher Unterschied besteht. Um dies zu unterstreichen bedarf es der genaueren Evaluierung und der genauen Isolierung der ausschlaggebenden Faktoren, anhand welcher sich Einstellungen bilden und ausprägen.

Hier poste ich Dir gerne den Link zu meinem Statement, welches einen Versuch darstellt, anhand der Ausgaben der Jugendlichen, neben dem verbal- sprachlichem Aspekt, eine nachvollziehbare Hernagehensweise an den Tag zu legen, welche Faktoren in der Kulturentwicklung eine Rolle spielen.

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