Partizipativer Journalismus im Web 2.0

mario.antunovic.uni-linz, 5. Juni 2014, 22:38

Der Begriff Web 2.0 exisitiert nun knapp ein Jahrzehnt, wurde 2005 von Tim O'Reilly in einem Artikel beschrieben und erlangte daraufhin weltweite Bekanntheit. [1]

Grundsätzlich beschreibt der Begriff "Web 2.0" die Veränderung des Internets und dessen Verwendung. Die Rolle des Users änderte sich aufgrund neuer Technologien dahingehend, dass dieser nicht mehr nur konsumiert sondern "prosumiert". Das heißt, dass User einerseits wie in den Anfängen des WWW natürlich Konsumenten der Inhalte sind und andererseits diese Inhalte in großem Maße selbst produzieren. Inhalte im Web 2.0 werden demnach nicht mehr nur von großen Medienunternehmen produziert und verbreitet, sondern von einer Vielzahl an Usern. [1]

Dass nun User Generated Content einen großen und wichtigen Teil des Webs ausmacht, brachte nicht nur den neuen Begriff Web 2.0, sondern wirkte sich auf viele Teilnehmer des Webs aus. Hierbei seien vor allem Unternehmen erwähnt, da diese durch die neuen Strukturen vor neue Herausforderungen gestellt wurden. Die Art wie Unternehmen an User bzw. Kunden herantreten, haben sich verändert. User haben eine neue Machtposition gegenüber Unternehmen und kontrollieren quasi die Beziehung. [2]

Auch der Journalismus ist von der Veränderung des Webs betroffen. Nachrichten müssen nun nicht mehr aus Agenturen oder Zeitungen kommen um gelesen zu werden. Das Web 2.0 ermöglicht nämlich eine ganz neue Form des Journalismus, bei der die Internetuser selbst die Nachrichten schreiben und veröffentlichen. [3]

Dass Leser bei der Erstellung von Inhalten mithelfen, ist keine neue Erfindung die mit dem Web einherkam. Über die Geschichte hinweg gab es verschiedenste Formen bei denen vermeintliche Konsumenten, selbst zu Produzenten von Inhalten wurden. Verschiedene Formen dieses Konzepts reichen von einfachen Leserbriefen, die bereits im 18. Jahrhundert verfasst wurden, über alternative Stattzeitungen bis hin zu freien Radios, welche in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts viel Anerkennung bekamen. [3][4]

Diese bzw. ähnliche Arten von Journalismus haben über die Jahre hinweg viele verschiedene Bezeichnungen bekommen.  Engesser sammelt bei seiner Recherche eine Vielzahl unterschiedlichster Begriffe von verschiedenen Autoren:

  • Kollaborativer Journalismus
  • Open Source Journalismus
  • Peer-to-Peer Journalismus
  • Parajournalismus
  • Amateurjournalismus
  • Laienjournalismus
  • Graswurzeljournalismus
  • Bürgerjournalismus
  • Partizipativer Journalismus

Zwar unterscheiden sich all diese Begrifflichkeiten in ihren Definitionen, jedoch kann Engesser keine allzu groben Unterschiede erkennen. Viel mehr definiert er die Gemeinsamkeiten der angeführten Begriffe und definiert diese als "Partizipativen Journalismus". [5]

Schlussendlich definiert Engesser partizipativen Journalismus wie folgt:

"Partizipativer Journalismus beteiligt die Nutzer zumindest am Prozess der Inhaltsproduktion, wird außerhalb der Berufstätigkeit ausgeübt und ermöglicht die aktive Teilhabe an der Medienöffentlichkeit." [4]

Die anschließenden Grafiken sollen die Veränderung im Journalismus deutlich machen:

Journalismus im Kontext der klassischen Massenmedien

 

Journalismus im Kontext des Internets

 

Wobei bisher die Nutzer Informationen nur vom Journalismus bekamen und mit den Quellen der Infos nicht in Berührung kamen, ist es heute anders. Statt einer Einbahn beim Informationsfluss besteht im Web 2.0 nämlich eine Wechselwirkung. User sind selbst oft die Quelle bzw. der Journalist der Informationen veröffentlicht.

Dieser partizipative Journalismus wird über verschiedene Plattformen betrieben, wobei die wichtigsten Formen folgende sind:

 

Fazit: Über die Tatsache, dass sich Journalismus verändert hat, lässt sich nicht mehr streiten. Genauso wie nahezu alle anderen Lebenslagen und Branchen wurde auch der Journalismus durch das Internet neu definiert. Die einzige Frage die für mich offen bleibt, ist die, welche qualitativen Auswirkungen die Veränderung auf den Journalismus hat. Durch die für jeden zugängliche Möglichkeit sich journalistisch zu betätigen, besteht nämlich auch eine größere Wahrscheinlichkeit, dass viel mehr "Blödsinn" veröffentlicht und verbreitet wird.

Es ist zwar bekannt, dass ohnehin der größte Teil der User eher konsumiert als produziert, jedoch wäre es auch interessant zu wissen wie qualitativ hochwertige Inhalte dieser kleine Teil an Produzenten auch tatsächlich bringt.

 

 

Quellen:

[1] Was ist Web 2.0, Tim O'Reilly, Deutsche Übersetzung

[2] Heller Baird, Carolyn/Parasnis, Gautam: From social media to Social CRM: reinventing the cus-tomer relationship, in: Strategy & Leadership, Band 39, Ausgabe 6, Seiten 27 – 34, 2011.

[3] Fank, Matthias/Riecke, Wolfgang: Bürgerjournalismus

[4] Engesser, Sven (2008): Partizipativer Journalismus. Eine Begriffsanalyse. In: Zerfaß, Ansgar/ Martin Welker/Jan Schmidt (Hrsg.): Kommunikation, Partizipation, und Wirkungen im Social Web. Herbert v. Harlem Verlag, 2008, S. 47-71

[5] Engesser, Sven (2013): Die Qualität des partizipativen Journalismus im Web. Springer Verlag, 2013, insbes. insbes.

 

Bildnachweis:

Burger, Christian: Public Relations und Internet

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