Krise der Tageszeitungen

mario.antunovic.uni-linz, 1. Juli 2014, 14:32

print vs online news

 

Bei dieser Aufgabe habe ich die Beiträge #5 und #8 behandelt und werde im Folgenden Stellung zu den Argumenten der Autoren nehmen.

Im Artikel "Unmoralische Angebote" erläutert Stephan Weichert die aktuelle Situation von Tageszeitungen und Verlagen und startet mit dem Beispiel der Washington Post, welche vor kurzem von Amazon-Gründer Jeff Bezos gekauft wurde. Grundsätzlich sei dies nichts schlechtes, da wie so vielen Zeitungen auch der Washington Post eine richtige Strategie für die neuen Marktverhältnisse fehlt. Bezos als Vertreter der Online Welt, also der New Economy, könnte demnach Innovationen vorantreiben und für eine neue Ausrichtung bezogen auf das Internet bei der Washington Post sorgen.

Weichert sieht dieses Schicksal aufgrund zweier Aspekte auch anderen renommierten Traditionszeitungen und -verlagen voraus. Einerseits zählen gewisse Traditionszeitungen zu den bekanntesten und angesehendsten Marken der Welt und andererseits haben Unternehmen der New Economy genügend Kapital und Marktmacht um die finanziell geschäwchten Zeitungen aufzukaufen. Somit würden quasi beide Parteien einen Vorteil aus einem (Ver)Kauf ziehen, wodurch Weicherts Prognose sehr wahrscheinlich eintreten könnte.

Der Autor befürchtet jedoch, dass bei all der Investitionen und Innovationen ein wichtiger Aspekt vernachlässigt werden könnte, nämlich der Journalismus selbst. Aufgrund von zu kleiner oder gar keiner Rendite würden sich viele Unternehmen vom Journalismus zurückziehen und sich auf andere Bereiche konzentrieren. Das negativste an diesem Szenario wäre, dass wir, die Gesellschaft als Ganzes, sich Gedanken machen müssten, wie in Zukunft unabhängiger und kritischer Journalismus gewährleistet werden kann.

Weichert schlägt hier als Lösungsansatz alternative Finanzierungsmöglichkeiten für Zeitungen und Verlage vor. Diese könnten beispielsweise als Stiftungen geführt werden und sich somit durch Spendengelder finanzieren und gleichzeitig dem Renditedruck entkommen. Weitere Möglichkeiten könnten, ähnlich der GIS-Gebühr, eine Journalismus Abgabe oder auch das moderne Crowdfunding sein.

Der Journalismus wie wir ihn bisher kannten, in Form von Print-Zeitungen, wird langsam aber sicher aussterben, da vor allem das Internet nahezu jedem den Zugang zu den gleichen Informationen viel schneller und kostenlos bietet. Was hingegen bestehen bleiben wird, sind journalistische Grundhaltung und Ethik.

 

Der zweite betrachtete Artikel heißt "Die ganze Welt zum Preis von einem Glas Wasser" von Christian Lindner. Dieser vertritt einen eher anderen Standpunkt als der Autor des vorigen Artikels.

Lindner schreibt im Beitrag, dass herkömmliche Zeitungen dem Internet überlegen seien, da es nicht nur um die Informationen selber ginge, sondern auch um das Wesen der Informationsaufnahme. Es seien diese Art Innehaltung bei der Aufnahme der Informationen und die klare Abgrenzung von Anfang und Ende einer Zeitung die vor allem FÜR die Zeitungen sprechen.

Die Wichtigkeit des Internets zeige schon Konsequenzen.

  • Überregionale Zeitungen bekommen aufgrund ihrer Vielzahl Probleme, auch wenn interessante oder gar einzigartige Inhalte enhalten sind.
  • Lokale Zeitungen bleiben von höchster Bedeutung, da auf Qualität gesetzt wird und sich vor allem auf ein lokales Gebiet konzentriert wird.
  • Interessen der Leser rücken immer mehr in den Vordergrund. Anzeigenerlöse gehen zurück und sorgen dafür, dass die Verantwortlichen die Strategie wieder mehr auf die Leser ausrichten.
  • Das Web 2.0 liefert neue Ansatzmöglichkeiten um mit Lesern und Kunden in Kontakt zu treten und die Beziehungen zu stärken.

Der größte Kritikpunkt Lindners am Internet ist die Schnelligkeit und das ständige Treiben, um es so auszudrücken. Es wird einem nie die Zeit gelassen sich für eine Moment satt zu lesen und über das Erfahrene nachzudenken, ohne dass wieder neue Informationen nachgeschossen werden. Der Wert einer Zeitung seien nämlich nicht nur die Informationen, sondern auch die Art und Weise wie man als Leser diese Informationen aufnehmen, verarbeiten und strukturieren kann. Dies ist im schier endlosen Internet nahezu unmöglich, wodurch Lindner eine Rennaisance der Zeitungen vorraussagt.

 

Der dritte Standpunkt zur Zeitungsdebatte stammt von Armin Wolf und hat den Namen "Menschen, die auf Schirme starren".

Die Wahl des Titels erklärt sich bereits am Anfang des Beitrags. Wolf hat nämlich einleitend ein selbst geschossenes Foto beigefügt. Darauf sieht man das "Innenleben" eines Cafes in San Francisco, um genau zu sein junge Leute, die allesamt auf ihre Smartphones, Tablets oder Laptops starren. Eine 2012 erstellte Prognose, dass im Jahr 2034 wohl die letzte Tageszeitung gedruckt werden würde, sieht Wolf daher noch zu optimistisch.

Laut einer Studie seien die Lesegewohnheiten von Tageszeitungen mit Abstand am stärksten vom Alter abhängig. Ältere Generationen lesen demnach viel öfter Tageszeitungen als es jüngere tun. Des weiteren kommt hinzu, dass sich die Lesegewohnheiten zwar von Altersgruppe zu Altersgruppe unterscheiden, jedoch im Längsschnitt kaum verändern. Damit ist gemeint, dass Gewohnheiten, die man sich in jungen Jahren aneignet, auch bis ins hohe Alter quasi bestehen bleiben. Wolf befürchtet hierbei, dass sich aufgrund der aktuellen Situation, dass junge Generationen kaum noch gedruckte Zeitungen lesen, dies Nutzung bestehen bleiben wird.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist auch die technische Entwicklung. Am Beispiel der Handys könnte man eventuell auch Entwicklungen bei Tablets ableiten. Handys von vor zwanzig Jahren haben von Funktionalität, über Aussehen, bis hin zum Preis mit denen von heute kaum noch was gleich. Ebenso könnten sich Tablets entwickeln und in ein oder zwei Jahrzehnten Printwerke, wie wir sie heute kennen, möglicherweise ablösen.

Das wichtigste bei Zeitungen, so argumentiert Wolf, sei nämlich nicht ob es auf Papier oder einer Festplatte steht, sondern eben die Informationen und Nachrichten selbst. Dass Zeitungen abgelöst werden, sei ein normaler und nachvollziehbarer Schritt in der Entwicklung. Digitale Medien sind schlicht und einfach leistungsfähiger als Papier und machen vor allem für die Nachrichtenverbreitung Sinn, da es eben darum geht Nachrichten so schnell und weit wie möglich zu verbreiten.

Ein Frage lässt Wolf jedoch offen, nämlich die der Finanzierung. Er spielt auf Jeff Bezos an, weiß jedoch selbst nicht genau, wie es funktionieren könnte.

 

Fazit:

Alles in allem habe ich die Beiträge sehr interessant gefunden. Ich kann die Gedankengänge und Argumentation aller drei Autoren voll und ganz nachvollziehen.

Am wenigsten kann ich mich jedoch mit Lindners Anführungen identifizieren. Er meint nämlich, dass herkömmliche Zeitungen dem Internet überlegen seien und es beim "Zeitung Lesen" nicht nur um die Informationsaufnahme geht, sondern auch ums inne Halten und auf sich wirken Lassen. Ich persönlich vertrete eher Wolfs Meinung, dass es darum geht Informationen so schnell wie möglich weiterzuverbreiten, jedoch stimme ich auch Ansatzweise Lindners Ausführungen zu. Zwar steht es nicht explizit in seinem Beitrag, jedoch glaube ich, dass er vor allem in der Flut von unendlich vielen Informationen den Schwachpunkt des Internets sieht. Auch ich empfinde so und würde an dieser Stelle gern ein Beispiel aus meinem Umfeld erläutern:

In der Subkultur der Fußballfans und Ultras waren Fanzines, also Magazine die von Fans für Fans geschrieben werden, seit jeher ein wichtiger Aspekt der Kultur. Mittels dieser Fanzines wurden in Prä-Internet-Zeiten Informationen über andere Fankulturen und Vereine ausgetauscht und verbreitet. Vor einem Jahrzehnt zirka, geraten Fanzines jedoch sprichwörtlich ins Abseits, da mit dem Internet eine neue Möglichkeit des Informationsaustausches hervorkam. So wurden Foren zum wichtigsten Medium für den Austausch von Informationen über andere Fankulturen. Ich persönlich stamme aus der Foren- und Internetgeneration und konnte lange Zeit nichts mit Fanzines anfangen.

Doch vor kurzem entdeckte ich Fanzines für mich. Das ständige Schreiben und vor allem das ewige Nachlesen in den Foren wurden mir zu viel. Täglich kamen so viele neue Beiträge, dass ich einfach nicht mehr nachkam und aus anfänglicher Entspannung beim Lesen der Beiträge, gar Stress beim Nachlesen wurde.

Es ist offensichtlich, dass die Fanzines nicht annähernd an die multimedialen Möglichkeiten des Internets rankommen, jedoch verspüre ich beim Lesen der Magazine keinerlei Stress, sondern kann Beiträge, wie von Lindner beschrieben, auf mich wirken lassen.

Die Fanzines erleben eine Rennaisance, wie von Lindner für Zeitungen vorhergesagt. Viele Gruppen und neutrale Fans greifen in letzter Zeit immer lieber auf Fanzines zurück, statt in den Foren stundenlange Diskussionen nachzuverfolgen oder selber Beiträge zu verfassen.

Doch an dieser Stelle möchte ich anmerken, dass es sich hier um Journalismus innerhalb einer Subkultur handelt und dies nicht unbedingt auf alle Formen des Journalismus ummünzbar ist. Der Kern meiner Aussage ist, dass Lindner in einer Weise zwar recht hat mit Rennaisance, ich mir jedoch schwer vorstellen kann, dass dies auch auf Tageszeitungen zutreffen wird. Nachrichten über das Weltgeschehen haben schlicht und einfach eine andere Priorität in den Köpfen der Menschen als Beiträge von Fußballspielen. Wenn im Nachbarort beispielsweise jemand Amok läuft, möchte man dies sofort erfahren und nicht einen Nachbericht dazu lesen.

 

 

Bildnachweis: Hair & Beauty Blog

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