Zuviel Transparenz Wenn Transparenz zurückschlägt

marian.limberger.uni-linz, 30. April 2018, 10:03

When Transparency Backfires, and How to Prevent It

 

Zusammenfassung

 

Der Artikel von David de Cremer beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit Transparenz zu negativen Auswirkungen in Unternehmen führen kann.

Insbesondere unter den Angestellten kommt es bei zu viel Transparenz zum Verlust von Autonomie und Einzigartigkeit. Der Autor geht davon aus, dass dadurch auch konstruktive, gegenseitige Beziehungen zwischen den Arbeitnehmern abnehmen. Dafür gibt er vier Gründe an:

1.       Zu viel Transparenz kann eine Schuldkultur schaffen

Transparenz bringt Tatsachen ans Tageslicht, die klar die Fragen nach dem „Was ist passiert und wer hat es gemacht?“ klären. Es wird aber nicht hinterfragt, „Warum ist das passiert?“. Anfangs betrachtet, scheint das nicht tragisch, doch auf lange Sicht entsteht dadurch eine Schuldkultur, die sogar die besten Mitarbeiter entmutigt, denn auch sie machen irgendwann Fehler.

Beispiel:

In einem holländischen Unternehmen, das rigoros transparente Sicherheitsstandards für den Umgang mit toxischen Stoffen hatte, verstarb genau der Sicherheitsbeauftragte durch einen Unfall. Es wurden die Fakten erhoben ohne weiter nach dem Warum zu forschen. Dadurch sah es aus, als wäre der Mitarbeiter selbst schuld am Unfall. Dies traf die Moral der Mitarbeiter und machte sie misstrauisch.

2.    Zuviel Transparenz schürt Misstrauen

Obwohl dies paradox klingt, kann zu viel Transparenz dazu führen, dass sich Mitarbeiter zu stark kontrolliert fühlen und dadurch Misstrauen entsteht. Wenn zum Beispiel der Vorgesetzte für jeden Arbeitsschritt vom Mitarbeiter Aufzeichnungen verlangt, entsteht das Gefühl von Misstrauen.

In einer Studie wurde ebenfalls herausgefunden, dass in Unternehmen, wo das Schicken von Mails in CC zur Norm wurde, das Misstrauen am Höchsten ist.

3.    Zuviel Transparenz fördert Betrügereien

Davon ausgehend, dass das Unternehmen mit vollständiger Transparenz alles weiß, versuchen die Mitarbeiter das System zu hintergehen, wenn man damit durchkommt.

Als Beispiel wird hierfür angeführt, dass Mitarbeiter, die für eine positive Jobvermittlung ihrer Studenten einen Bonus erhalten, am Ende auch „Jobs“ intern vermitteln, obwohl das gegen den Unternehmenskodex ist.

In einer Studie wurde weiters herausgefunden, wenn man Untergebenen alle Informationen gibt, entsteht das Gefühl, er wäre für das Wohl des Unternehmens zuständig. Dadurch entsteht der Druck sich selbst dafür zu überzeugen, um dem übergeordneten zu dienen.

 

4.    Zuviel Transparenz schürt Widerstand

In Unternehmen, die totale Transparenz einfordern und dadurch gutes Verhalten belohnen und schlechtes bestrafen, lassen moralische Standards entstehen, die nicht erfüllbar sind.

In einer Studie konnte gezeigt werden, dass Mitarbeiter, die Vorgesetzte mit sehr hohen ethischen Grundsätzen haben, das gleich schlechte Verhalten haben, als jene mit Vorgesetzten, die unethisches Verhalten hatten. Vorgesetzte mit durchschnittlichem Verhalten hatten das bessere Mitarbeiterverhalten.

In einer weiteren Studie wurde ebenfalls festgestellt, dass durch die hohe Transparenz die Mitarbeiter weniger mit anderen zusammenarbeiten und auch die Kreativität weniger ausgeprägt war. Sie schienen mehr in alten Verhaltensweisen festzustecken, als neues anzunehmen und haben neue Ideen nicht ausgesprochen.

 

Für den Umgang mit Transparenz werden folgende Empfehlungen gegeben:

1.    Transparenz soll nur eine Methode sein

Es hilft nicht, um der Transparenz willen transparent zu sein. Das signalisiert nur exzessive Kontrolle.

Manager müssen erklären, warum Transparenz notwendig ist.

 

2.    Erklären, wie die Daten gesammelt und ausgewertet werden

Die wahrgenommene Fairness, wie Entscheidungen und Beurteilungen gemacht werden, darf nicht unterschätzt werden.

 

3.    Lernprozess Hervorheben

Mitarbeiter bekommen durch hohe Transparenz Angst, dass sie für etwas verantwortlich gemacht werden. Deshalb ist es notwendig, herauszustreichen, dass für das Unternehmen der Lernprozess notwendig ist.

 

4.    Vergebung Unterstützen

Das Unternehmen muss Signale setzen, dass Fehler eine Möglichkeit sind, etwas zu lernen. So kann es zu einer Veränderung in Richtung einer Kultur der Vergebung kommen, wodurch die Prozesse betrachtet werden, die zu Fehlern führen, anstatt die zu Personen zu bestrafen.

 

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Transparenz auf lange Sicht eine gute Möglichkeit ist zu lernen und die Performance zu verbessern, jedoch nicht auf kurze Frist. Transparenz alleine entwickelt keine gesunde Unternehmenskultur, im Gegenteil, sie kann viel Kosten und Misstrauen schüren. Der kluge Manager schaut nicht nur auf die Fakten.

 

Der Artikel hat mich angesprochen, weil ich die Beispiele als sehr real empfunden habe. Der Autor hat hier sehr detailliert die Situation in Unternehmen, die mit zu viel Transparenz etwas Gutes tun wollen, dargelegt und auch die Einstellungen der Mitarbeiter berücksichtigt.

 

Literatur

De Cremer, D. (2016). When Transparency Backfires, and How to Prevent It. Harvard Business Review Digital Articles, S. 2-6.

6 comments :: Kommentieren

Ehrlichkeit vs geschlossene Strukturen

magdalena.bieregger.uni-linz, 1. Mai 2018, 20:29

Transparenz bringt jedoch auch "Ehrlichkeit" dem Mitarbeiter gegenüber und kann dazu führen, dass sich dieser mehr in die Unternehmensaktivitäten einbringt, da er sich mit dieser identifizieren kann, als er es machen würde bei geschlossenen Strukturen.

Verlinken :: Kommentieren

christina.pillmair.uni-linz, 2. Mai 2018, 18:46

Ich muss dabei immer an den Film Circle denken. Dabei rühmt sich das Unternhemen mit einer transparenten Arbeitsweise, und jeder Mitarbeiter wird auf Schritt und Tritt überwacht. Genau die Punkte die du angesprochen hast, finde ich in diesem Film wieder. 

Verlinken :: Kommentieren

Transparenz um jeden Preis?

gertrude.dienstl-ottensamer.uni-linz, 2. Mai 2018, 21:52

Transparenz soll es meiner Meinung nach dann geben, wenn es den eigenen Arbeitsplatz betrifft. Transparenz um jeden Preis finde ich nicht zielführend, da es oft Prozesse gibt, die einen nicht betreffen und somit auch nicht relevant für die Tätigkeit sind.

Ich denke auch, dass, wenn man über alles Bescheid weiß, sich womöglich für alles verantwortlich oder aber auch für nichts verantwortlich fühlt. Außerdem kann eine solche Flut an Informationen oft nicht mehr verarbeitet werden und führt im schlimmsten Fall zum Stillstand.

Transparenz finde ich vor allem dann sinnvoll, wenn es um Fairness und Gleichberechtigung geht.

Verlinken :: Kommentieren

Vertrauen vs. Kontrolle

susanne.groiss.uni-linz, 2. Mai 2018, 22:19

Transparenz sollte, wie du auch schreibst, nicht mit Kontrolle gleichgesetzt werde, das führt meist zu Misstrauen und Angst bei Mitarbeitern. Je verbissener Unternehmen Fehler verhindern möchten, umso eher passieren sie. Setzt man Mitarbeiter unter Druck durch zu viel Kontrolle entsteht oft Angst und Stress, was eher einen negativen Einfluss auf die Konzentration, Zusammenarbeit und somit auf die Produktiivität haben kann.

Verlinken :: Kommentieren

georg.pilsner.uni-linz, 2. Mai 2018, 22:57

Ich pflichte dir bzw. dem Artikel bei, dass "zu viel" Transparenz für Mitabeiter eines Unternehmens als negativ empfunden wird, insbesondere wenn es mit "Überwachung" gleich gesetzt ist. Niemand möchte gerne, dass einem auf Schritt und Tritt über die Schulter geschaut wird. Transsparente Prozesse und die Nachvollziehbarkeit von Arbeitsschritten können durchaus Sinn machen, vor allem wenns um Effizienzsteigerung oder Fehlerreduktion geht. Jedoch sollte dies nicht losgelöst von der Unternehmenskultur betrachtet werden. Hier spreche ich vor allem die Fehlerkultur an, also die Akzeptanz, dass man durchaus Fehler machen kann,  um daraus zu lernen, was es leider in Österreich nur allzuselten gibt, behaupte ich einmal. 

Verlinken :: Kommentieren

Gedanke: Tödliche Transparenz

michael.kronsteiner.uni-linz, 3. Mai 2018, 15:22

Die Zusammenfassung bringt mich zu folgendem Gedankengang: Wenn Unternehmen oder Geschäftsmodelle (Bsp: Facebook) ihre Datenverwendung zu 100 % offen legen würden, würden sie sich glaube ich selbst so schaden, dass sie große Anteilsverluste erleiden bzw. die "freiwilligen" personenbezogenen Dateneingaben drastisch zurückgehen würden ... und das Großunternehmen quasi wertlos wird, aufgrund der kompletten Transparenz.

 

Angenommen Facebook gäbe bekannt, welche Verträge sie am laufen haben, welche "Verkäufe" von Daten vorgenommen werden und wie generell mit den Meta-Daten umgegangen wird ... Ich glaube, dass das Geschäftsmodell von einer Woche auf die andere verdrängt wird - obwohl die Transparenz zu 100 % gegeben ist bzw. totale Offenheit und Ehrlichkeit den Usern gegenüber waltet, entscheiden sich (die meisten) User gegen die Verwendung von Facebook - da sie erkennen, dass sie nicht nur Datenspender, sondern auch das wertvolleste Produkt für Facebook sind. Darüber hinaus denke ich, dass sich ein Großunternehmen wie Facebook nur selbst aus dem Markt bzw. Wettbewerb nehmen ...

Verlinken :: Kommentieren


To prevent spam abuse referrers and backlinks are displayed using client-side JavaScript code. Thus, you should enable the option to execute JavaScript code in your browser. Otherwise you will only see this information.