Ich benenne meine Artikel nur selten nach den balladenhaften Ergüssen von Doo-Wop-Gruppen aus den Fünfzigerjahren. Im Bezug auf die Findung technologisch determinierter Anwendungsbeispiele möchte ich dennoch eine Ausnahme machen. In weiterer Folge werde ich das Konzept der Near Field Communication erläutern. Was ist das? Wie funktioniert das? Was bringt mir das? Was bringt das für Unternehmen? Welche Nachteile gibt es?

Was ist Near Field Communication?

Die Nahfeldkommunikation bzw. Near Field Communication (kurz: NFC) ist eine spezialisierte Form der radio-frequency identification (kurz: RFID). Der Unterschied liegt darin, dass RFID Informationen über mehrere Meter überträgt, während NFC sich auf etwa 10cm beschränkt. Das macht RFID im Allgemeinen für mehrere Anwendungen nutzbar, jedoch bietet NFC durch seine standardisierte Frequenz und die notwendige physische Nähe Sicherheitsvorteile. (1)

Bei manchen Mobilgeräten (wie dem Samsung Galaxy SIII) befindet sich die Technologie in der Batterie, bei anderen Geräten ist es direkt eingebaut (Google Nexus 7). Ich bin lediglich zu einer laienhaften Beschreibung der technischen Materie fähig, dennoch möchte ich es versuchen: Auf der Rückseite des Mobiltelefons entsteht ein schwaches elektromagnetisches Feld mit geringer Reichweite. Der NFC-Chip wird in der Nähe des Gerätes platziert, wodurch das Gerät dem Chip genügend Elektrizität überträgt und die kleine Antenne die entsprechenden Informationen an das Endgerät senden kann. (2)

Die Datengröße der Informationen richtet sich nach dem Chip. Allgemein haben diese keine sehr großen Datenspeicher, können allerdings für das Gerät verwendbare Informationen enthalten, wie der Endverbraucher zu größeren Daten kommt (z.B. eine URL zu einer größeren Datei). (2)

Abgrenzung zum QR-Code

Weil ich die Thematik bereits in meinem Beitrag zum QR-Code angeschnitten habe, ist mir die thematische Abgrenzung zum QR-Code wichtig: Der Vorteil liegt- no pun intended - auf der Hand. Hat man einen QR-Code vor sich, muss man eine Software zum Scannen dieses Codes starten und hoffen, dass die Camera das Bild ordentlich erkennen und lesen kann. Und selbst wenn die URL richtig ausgelesen wird, kann diese auch schon wieder alt sein und ins Leere laufen. Das liegt daran, dass sich hinter dem QR-Code eine statische Information verbirgt und man für die Änderung der Inhalte wieder einen neuen Code generieren muss. Was hinter einem NFC-Tag steckt, ist veränderbar und dynamisch. Bei NFC benötigt man auch keine spezielle Software.
 
Allerdings hat auch der QR-Code gewisse Vorzüge - teilweise ästhetischer Natur - die nicht geleugnet werden sollten. So kann sich der gescannte Code z.B. auf einer großen Oberfläche befinden, theoretisch kann man eine riesige Plane mit mehreren Dutzend Metern Breite und Höhe auf einem Wolkenkratzer anbringen und der Code könnte von hoher Entfernung gelesen werden. Die Near Field Communication erlaubt dies dem Namen nach nicht.
 
Der Vergleich mit bzw. die Abgrenzung zu anderen Technologien wird auf der Website http://www.nearfieldcommunication.org/technology.html vorgenommen.

Anwendungsbeispiele - Was ist möglich?

Durch seine RFID-Eigenschaften kann mit NFC freilich eine Vielzahl von Möglichkeiten genutzt werden, die auch seine "Muttertechnik" innehat. Tasmin Oxford berichtet in ihrem Beitrag The Magic Touch (ich muss gestehen: die Überschrift war nicht ganz meine Idee) über einen Tag mit NFC. Interessant sind hierbei die Illustrationen von Robin Boyden, von denen ich unten eine angeführt habe. (3) In weiterer Folge werde ich nach Themengebieten geordnet einige Anwendungsbeispiele nennen. 

nfc uses

Bei Bezahlvorgängen

Innovationstreiber in diesem Genre sind jene, die kontaktloses Zahlen vorantreiben möchten. Bereits jetzt ist es möglich, mit neuen Bankomatkarten kleine Beträge bei Bankomatterminals an der Supermarktkasse zu bezahlen. (4) Pro Transaktion können 25 Euro ausgegeben werden, nach fünfmaliger Zahlung wird die Eingabe des PIN-Codes verlangt. 

Schon seit 2007 kann mit NFC-fähigen Endgeräten an den Selbstbedienungsautomaten der ÖBB und Wiener Linien bezahlt werden. (5)

Etwaige Risiken und Probleme werden weiter unten behandelt. 

In der Kreativbranche

Kreativen Anwendungsmöglichkeiten sind wenige Grenzen gesetzt. Ein weiterer Innovationstreiber ist in der Technikbranche natürlich auch der Videospielsektor. So wurde im Gamepad zu Nintendos Spielkonsole Wii U ebenso NFC-Technologie verbaut. Natürlich sollen damit auch Micropayments ermöglicht werden (6), jedoch liegt auch in der Voranbringung innovativer Spielkonzepte eine hohe Priorität. Beim Spiel Pokemon Rumble U ist es beispielsweise möglich, physische Spielfiguren zu kaufen, diese durch NFC in das Spiel zu importieren und zu trainieren. (7) Diese Figur kann anschließend zu Freunden mitgenommen werden und man kann dort das erstarkte Pokemon verwenden. Dies wird in folgendem Video genauer verdeutlicht, interessant wird es ab 1:24. 

Natürlich wird NFC auch in der Werbung genutzt. Samsung hat, um auf die NFC-Funktion seiner Mobiltelefoneaufmerksam zu machen, in einigen Großstädten der USA Smart Poster angebracht. Sobald man das NFC-aktivierte Endgerät an den NFC-Chip im Poster hält, kann man einen kostenlosen Song herunterladen. 

Bei der Home Automation/im Alltag

Im Bereich der Automatisierung von Vorgängen im Eigenheim bestehen noch mehr Möglichkeiten. Durch die Vielfalt der Zusatzsoftware, die auf mobilen Endgeräten installiert werden kann, ist es für den Eigengebrauch noch einfacher, seine Ideen umzusetzen.

Szenario 1: Eine junge Frau geht schlafen. Sobald das Telefon auf den Tag auf einem Nachttisch gelegt wird, schaltet es sich auf stumm, vibriert nur noch leise, stellt den Alarm auf laut, die Bildschirmbeleuchtung auf schwach und aktiviert einen Wecker für 06:45 Uhr. Mit App-Lösungen wie Trigger ist es sogar möglich, mit Hilfe von Switch Tags diese Änderungen wieder rückgängig zu machen und zusätzlich andere Dinge zu erledigen, beispielsweise das Öffnen einer ToDo-App.

Szenario 2: In einer Familie gibt es auf dem Schlüsselkasten einen NFC-Tag für den Sohn. Der Junge "vergisst" (bzw. ist zu faul) regelmäßig, sich bei seinen Eltern zu melden, wenn er zu Hause angekommen ist. Erscheint der Sohn zu Hause und scannt den Tag, so findet er in Textform kurze Instruktionen, wie er sich das vorbereitete Essen aufwärmen kann. Gleichzeitig wird eine SMS an die Mutter vorgetippt, das das Kind nur noch absenden muss.

Szenario 3: Ein junger Mann befindet sich im Urlaub in einer Bar und hat einiges getrunken. Draußen ist es kalt und er möchte möglichst direkt nach Hause. Eine Internetsuche wäre langwierig, andere Partygäste würden ihn, würde er sie fragen, nur zum Weiterfeiern animieren und seinen Untergang besiegeln. Und ein Abtippen der Telefonnummer ist vielleicht nicht mehr so einfach. Beim Ausgang an der Bar befindet sich ein NFC Smart Poster mit der Nummer zu ortspezifischen Notrufnummern sowie der Nummer zweier örtlicher Taxiunternehmen. Er hält sein Telefon an den entsprechenden Tag, die Nummer wird vorgewählt, der junge Mann muss nur noch auf die grüne Anruftaste drücken.

Welche Probleme existieren?

Beim kontaktlosen Bezahlen wurden Sicherheitsbedenken laut, da durch den Verlust bzw. Diebstahl der Karte ein Betrag von bis zu 125 Euro verloren gehen kann. (8)

Ebenso wird das Vorgehen der Banken bei der Einführung der Bankomatkarten mit NFC-Unterstützung kritisiert. Alle Banken - bis auf derzeit die BAWAG P.S.K. - haben diese Funktion ohne Rücksprache mit dem Kunden und vor allem ohne Wahlmöglichkeit eingeführt. (9)

Des Weiteren haben es findige Programmierer sich zur Aufgabe gemacht, das System zu überprüfen und sind dabei auf Sicherheitslücken gestoßen. Zwar können hochsensible Daten wie der PIN-Code auf aufgrund der Verschlüsselung nicht gelesen werden, jedoch wäre es prinzipiell möglich, die Karten unverwendbar zu machen, indem man beispielsweise drei Mal den falschen PIN sendet. (8) Johannes Zweng hat hierzu eine Android-App erstellt, die auslesbare Daten einer Bankomatkarte zeigt. 

Weitere Probleme technischer Natur werden durch Haselsteiner & Breitfuß im Artikel Security in near field communication (NFC) aus dem Jahre 2006 diskutiert.

Was bedeutet das für die Zukunft?

Denkbar ist auch ein erweiterter Einsatz bei Videospielen. Sammelkartenspiele könnten hierbei eine ganz neue Bedeutung bekommen, wenn die gesammelten Karten etwa gescannt und für ein Onlinespiel verwendet werden können.

Diskussionswürdig ist auch der Einsatz im Tourismusbereich. NFC könnte zur reinen Informationsvermittlung eine billigere Alternative zu Augmented Reality-Anwendungen darstellen, etwa indem man das Gerät direkt an die Sehenswürdigkeit hält und somit Informationen erhält.

Ich möchte nicht behaupten, dass die genannten Sicherheitslücken NFC zu einer vergessenen Technologie machen werden. Das wäre zu schwierig vorherzusagen. Während zwar Probleme und Lücken existieren, finden sich in der Kreativbranche, aber auch bei Mikrotransaktionen clevere Einsatzmöglichkeiten. NFC-Tags sind nicht teuer und es würde theoretisch nur einen gutbekannten Anbieter nach dem simplen Prinzip des If This Then That benötigen, um auch im Bereich der Home Automation für den Normalverbraucher wertvolle Möglichkeiten zu schaffen.

 

Quelle 1: http://www.differencebetween.net/technology/difference-between-rfid-and-nfc/

Quelle 2: http://www.youtube.com/watch?v=_RBbuGwC7Eg

Quelle 3: http://www.gemalto.com/brochures/download/review_feb12/index.htm#13

Quelle 4: http://futurezone.at/produkte/alle-bankomatkarten-bekommen-nfc-funktion/24.591.161

Quelle 5: http://derstandard.at/3021536

Quelle 6: http://www.golem.de/1201/89367.html

Quelle 7: http://kotaku.com/pokemon-rumble-u-is-much-better-with-nfc-toys-weird-1246154947

Quelle 8: http://derstandard.at/1388650296717/Smartphone-App-liest-Bankomatdaten-aus

Quelle 9: http://orf.at/stories/2213201/2213202/





Hallo, interessanter Beitrag. In meinem Beitrag behandle ich zwei Alternativen zur NFC-Technologie.  


Apple geht wie sehr oft andere Wege und verbaut bislang kein NFC. Aus welchem Grund auch immer...

Hier zusätzliche Infos: http://apfelblog.ch/warum-nfc-nie-in-ein-iphone-gebaut-wird-vielleicht/


Hi!

Auch ich habe mich in meinem Beitrag kurz mit NFC und Mobile Payments beschäftigt. In meinem Blog findest du ein Mobile Payments Beispiel mittels NFC, wozu es 2012 einen Piloten in Linz gab.

Lg