Öffnung von Staat und Verwaltung - Open Government unter den Vorgaben des Transparenzgebots

dominik sebastian.hager.uni-linz, 13. November 2012, 22:58

Thema: Öffnung von Staat und Verwaltung 

Artikel als Grundlage: Memorandum zur Öffnung von Staat und Verwaltung (Open Government) 
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Die Entwicklung der zunehmenden Verwendung sozialer Medien, Informations- und Kommunikationstechnologien trägt dazu bei, dass immer mehr Bürger die Öffnung von Politik, Staat, Verwaltung und Gesellschaft fordern. Dies bringt die Akteure in Politik und Verwaltung in Zugzwang, sich mit dieser als „Open Government“ umschriebenen Entwicklung samt ihren Chancen und Herausforderungen auseinander zu setzen. Diese neuen Formen der Beteiligung schaffen Raum für neue Gemeinschaften, Diskussionen, Konsultationen, Beteiligungshaushalte, Abstimmungen und Wahlen, aber auch zur öffentlichen Kontrolle und Kommentierung in Echtzeit. Oft entsteht jedoch der Eindruck, dass Politik und Verwaltung unvorbereitet und ohne Gesamtansatz mit nur einzelnen Aktionen zu ausgewählten Schwerpunkten wie etwa „Bürgermitwirkung“ oder „Open Government Data“ auf diese Entwicklung reagieren.[1]

 

Open Government Data bezeichnet alle Daten, welche ohne Einschränkungen durch Lizenzen oder Patente wiederverwendet, strukturiert und von Institutionen, Wissenschaftlern oder der Web-Community verwendet werden dürfen. Doch bedingt es dazu einer einheitlichen Form der Daten. Denn nur dann werden ein Informationsaustausch, die Analyse auf Basis kombinierter Datensätze, die Erstellung von Mashups sowie die Erforschung innovativer Wege, um diese Daten kreativ nutzen zu können, ermöglicht.[2] Auch wenn Open Government Data im Sinne des Gemeinschaftswohls verwendet wird, unterliegt es unweigerlich den Vorgaben des Transparenzgebots. Das Transparenzgebot besagt, dass der Betroffene faktisch rechtlos ist bzw. wird, wenn er nicht in die Lage versetzt wird, Informationen über die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung seiner Daten zu bekommen. Dem Transparenzgebot wird erst dann hinreichend Rechnung getragen, wenn die datenverarbeitende Stelle über die Erhebung, Nutzung und Verarbeitung personenbezogener Daten, die Möglichkeit anonymen und pseudonymen Handelns, Profilbildungen, die Identität der verantwortlichen Stelle (Impressum) und über die Auskunftsansprüche der Betroffenen informiert.[3] Die oben beschriebene "frei" zugängliche Verwendung von Open Government Data wird durch die derzeitige Regelung des Transparenzgebots somit in Frage gestellt. Ein freier Zugang zu Open Government Data gewährleistet nicht automatisch eine absolute Anonymisierung der Daten. Da durchaus eine faktische Anonymisierung gegeben sein kann, besteht dadurch die Gefahr einer Deanonymisierung.[4] Somit stellt sich bei einer Öffnung von Open Government Data durchaus die Frage, ob das Transparenzgebot eingehalten werden kann, da nur jene Person die Verwendung der Daten auf Rechtmäßigkeit überprüfen kann, welche klar darüber informiert wird.[5]

 

Durch die neuen Formen der Beteiligung stellt sich im Bereich der "Bürgermitwirkung" die Frage, welche Konsequenzen eine offene Meinungsbildung und Entscheidungsfindung für das bestehende Demokratiemodell zu Folge haben.[5]  Anzeichen einer fortschreitenden Veränderung in diesem Bereich zeigen sich bereits u.a. durch Wahlerfolge verschiedener Parteien, welche Vorschläge zu einem neuen Politikstil, mehr Transparenz und intensiver Bürgerbeteiligung vorantreiben und untermauern. Auch hier gelten die Vorgaben des Transparenzgebots, derer sich jede neue Form von "Bürgermitwirkung" unterwerfen muss. Zur Thematik der "Bürgermitwirkung" unter dem Aspekt elektronischer Wahlen legte der Verfassungsgerichtshof im Streitfall "E-Voting ÖH-Wahlen 2009" zum § 34 HSG 1998, §§ 61–69 HSWO 2005 fest, dass "[...] sich auch der einzelne Wähler nicht darauf verlassen kann, dass insbesondere bei der Stimmabgabe die Wahlgrundsätze erfüllt und seine abgegebene Stimme unverfälscht erfasst wurden."[6] Die Bedenken lassen sich u.a. anhand des Wahlgrundsatz "Geheimes Wahlrecht" veranschaulichen, welcher der Geheimhaltung der Wahlentscheidung der einzelnen Bürgerinnen/der einzelnen Bürger garantiert. [7] 

 

Zusammengefasst sollte rasch ein gemeinsames Verständnis der Öffnung von Staat und Verwaltung gefunden werden, aus dem sich Leitbilder, ambitionierte Ziele und Strategien zur ganzheitlichen Erreichung dieser Vorgaben ableiten lassen. Zu denken ist etwa an eine Verankerung zentraler Begriffe wie „Open Government“, „Open Data“, „Transparenz“ und „Innovation“ in den künftigen E-Government- Gesetzen sowie die Entwicklung einer Strategie zur weiteren Erschließung und Nutzung offener Verwaltungsdaten wäre hilfreich.[8]

 

[1] von Lucke/Jörn: Memorandum zur Öffnung von Staat und Verwaltung (Open Government), Gesellschaft für Informatik e. V., 2012, S.1-3.

[2] Hoxha, Julia/Brahaj, Armand: Open Government Data on the Web: A Semantic Approach, International Conference on Emerging Intelligent Data and Web Technologies, 2011, S.107.

[3] Yildirim, Nuriye: Datenschutz Im Electronic Government: Risiken, Anforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten Für ein Datenschutzgerechtes und Rechtsverbindliches EGovernment, Dud-Fachbeitr,  Springer DE, 2004, S.192 -- Downloadlink, siehe Google Books

[4] http://www.forschungsdatenzentrum.de/anonymisierung.asp [heruntergeladen am: 13.11.2012]

[5] von Lucke/Jörn: Memorandum zur Öffnung von Staat und Verwaltung (Open Government), Gesellschaft für Informatik e. V., 2012

[6] Zeitschrift für Hochschulrecht, Heft 3, Juni 2012, S. 126.

[7] https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/32/Seite.320220.html  [heruntergeladen am: 13.11.2012]

[8] von Lucke/Jörn: Memorandum zur Öffnung von Staat und Verwaltung (Open Government), Gesellschaft für Informatik e. V., 2012, S. 5.

 

 

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