Transparenz und virtuelle Identitaet Markttransparenz: Von blickdicht bis transparent: Konsum 2.0
claudia.scheba.uni-linz, 23. Oktober 2014, 07:59
Im folgenden Beitrag beschäftige ich mich mit dem Artikel von Lucia A. Reisch (2010) "Von blickdicht bis transparent: Konsum 2.0", in Transparenz. Multidisziplinäre Durchsichten durch Phänomene und Theorien des Undurchsichtigen. VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, S. 41-55.
Verbesserte Markttransparenz durch das Internet
Transparenz gilt oftmals als Voraussetzung für einen funktionierenden Markt. Verbraucher fordern Informationen über angebotene Produkte und Leistungen um eine adäquate Kaufentscheidung treffen zu können. Vor der Internetrevolution haben Institutionen wie Stiftung Warentest und andere Initiativen versucht die Informationsdichte auf den Endverbräuchermärkten im Interesse der Konsumenten transparenter zu gestalten.
Das Internet ermöglicht es nun Informationen über Produkte bzw. Leistungen einfach und schnell abzurufen und Preise von verschiedenen Anbietern zu vergleichen. Aufgrund dessen geht man von einer verbesserten Markttransparenz und einem Abbau von Informationsasymmetrien aus. Aber ein "mehr" an Informationen, so die Autorin, erhöht nicht immer die Transparenz. Konsumenten verfügen über eine begrenzte Informationsverarbeitungskapazität und sind oftmals durch die Vielfalt und Komplexität der verfügbaren Daten überfordert. Doch auch andere Faktoren begrenzen die Informationsqualität und somit die Transparenz im Web. Durch eine oftmals unüberschaubare Anzahl an Anbietern und wechselnden Produktversionen können Preisvergleiche kaum systematisch durchgeführt werden. In der Websitengestaltung im E-Commerce werden Manipulationstechniken eingesetzt um die Conversion zu erhöhen und/oder ein besseres Suchergebnis zu erzielen. Preissuchmaschinen weisen teilweise Fehlerquoten auf und Produktbewertungen oder Erfahrungsberichte auf Meinungsportalen werden von Firmenmitgliedern verfasst.
Auch auf der Anbieterseite hat sich die Menge an Informationen im Internetzeitalter deutlich erhöht: Techniken wie Profiling, Data Mining, etc. werden eingesetzt um Nutzerdaten zu sammeln, kombinieren und auszuwerten um eine zielgenaue Kundenansprache zu erreichen. Die These des gläsernen Kunden verunsichert viele Verbraucher und fordern ein mehr Transparenz hinsichtlich der Verwendung personenbezogener Daten. Interessanterweise lässt sich hier ein interkultureller Unterschied feststellen, wonach Europäer großen Wert auf die Wahrung der Privatsphäre legen, im US-amerikanischen Raum hingegen die Profilbildung und -vermarktung durchaus positiv wahrgenommen werden.
Der Konsument 2.0
Hat das Internet nicht nur die Suchkosten um ein vielfaches reduziert, so sind auch die Kosten der Organisierung und Kommunikation unter Verbrauchern enorm gesunken. Neben rein kommerziellen Anbieterseiten, durch Infomediäre kontrollierte Seiten (z.B. Preisvergleichsdienste, Meinungsplattformen) oder Websites von Verbraucherorganisationen werden vor allem Web 2.0 Anwendungen konsultiert. Web 2.0 Portale werden zur Vernetzung, Austausch und Kommunikation verwendet:
- Produktbewertungs-, Einkaufs- und Meinungsportale (z.B. ciao)
- Verbraucherportale nach dem Wiki-Prinzip (z.B. konsumo.de)
- Netzwerkportale oder Communities (z.B. utopia)
Hierbei gilt: Je höher die wahrgenommene Qualität der Informationen - d. h. ihre Validität, Glaubwürdigkeit, Aktualität, Vollständigkeit, Unabhängigkeit und Objektivität aber auch die Nutzerfreundlichkeit und Verständlichkeit - desto eher nimmt diese Einfluss auf die Kaufentscheidung und desto eher wird die Informationsasymmetrie überwunden.
Meinungs- und Bewertungsforen
Auch im Web spielt die Mund-zu-Mund Werbung eine entscheidende Rolle, hier eben in Form von (quasi-)persönlichen Produktempfehlungen von Peergruppen oder der erweiterten (Online-)Familie. Die weltweite Nielsen Global Online Consumer Survey 2009 hat bestätigt, dass sich Verbraucher in der Kaufentscheidung wesentlich auf die Meinung und Rat anderer Nutzer in diversen Foren stützen und um ein vielfaches vertrauenswürdiger eingestuft werden als klassische Werbeformen.
Mobile Anwendungen ermöglichen ein Abrufen von benötigten Informationen am Point of Sale bzw. Point of Interest. So können Preise und Qualitäten von Angebot direkt vor Ort recherchiert werden.
Neue technologische Möglichkeiten zur Vernetzung und Austausch mit anderen Konsumenten haben ein neues Niveau an Transparenz ermöglicht und den Nutzwert für die Verbraucher wesentlich erhöht. Heute gibt es nichts was nicht von Nutzern im Web bewertet wird: von Restaurants über Pflegeheime bis hin zu Rechtsanwälten, Spielplätze und Hundehotels.
Verbraucher- und Netzwerkportale | Communities
Verbraucher- und Netzwerkportale funktionieren nach dem Wiki-Prinzip: Vor- und Nachteile von Produkten werden allgemein beschrieben, auf Qualitätskriterien hingewiesen und allgemeine Produktinformationen ausgetauscht. Internetnutzer ist es hierbei möglich die Bewertungen zu editieren (welche aber von einem Inhaltsadministrator geprüft werden).
In Communities erfolgt der Austausch fokussiert auf einen Themenschwerpunkt was das Gemeinschaftsgefühl steigert, sodass viele Nutzer auf Mitglieder sind. Es werden nicht nur Produktbewertungen und -erfahrungen mit den anderen Community-Mitgliedern geteilt sondern es werden auch aktuelle Nachrichten, Hintergrundberichte und Ratgeber kommuniziert. Online-Communities bieten das Potenzial schnell Ideen zu verbreiten bzw. gute Produkte hervorzuheben, andererseits können negative Erfahrungen Auswirkungen auf die Meinungsbildung der gesamten Community haben.
Fazit
Unternehmen können diese Entwicklung nicht länger ignorieren und nutzen Bewertungs- und Verbrauchportale sowie Online-Foren zur Marktforschung um Kundenwünsche und -beschwerden in der Produktentwicklung und Sortimentsoptimierung zu berücksichtigen. Im Gegensatz zur Mundpropaganda sind Bewertungen über einen längeren Zeitraum einsehbar und können zudem eine größere Anzahl an Personen erreichen, wodurch sich Multiplikatoreneffekte ergeben können. Somit können Bewertungsforen über eine nicht zu vernachlässigende Machtposition erwirken. Um eine Chance auf Richtigstellung und ggf. Wiedergutmachung zu haben nutzen auch Unternehmen Web 2.0 Tools und bieten User die Möglichkeit auf der eigenen Firmenwebsite offen Bewertungen und Beschwerden einzureichen.
Das Web sowie mobile Technologien haben einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet Informationsasymmetrien zugunsten der Nutzer abzubauen und die Markttransparenz zu erhöhen.
Quelle
Lucia A. Reisch (2010) "Von blickdicht bis transparent: Konsum 2.0". In Jansen et al. Transparenz. Multidisziplinäre Durchsichten durch Phänomene und Theorien des Undurchsichtigen (S. 41-55). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH.
Anmerkung: Der Artikel kann über den HAN-Login der JKU Bibliothek eingesehen werden.
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