Vortrag Das Ende der Tageszeitungen?
Hans.Mittendorfer.Uni-Linz, 2. Juni 2014, 13:19
Google Epic 2015
Die multimediale Dokumentation Google Epic 2015 wurde 2004 von Robin Sloan und Matt Thompson erstellt und online publiziert. Es handelt sich dabei umd einen fiktiven Rückblick auf die Medienlandschaft aus dem Jahr 2015, des fiktiven "Museum Of Media History". Die Aussagen in der multimedialen Dokumentation bis 2004 sind demnach historische Fakten aus der Entwicklung des Internets. Aussagen, die sich auf die Zeit von 2005 bis 2015 beziehen, haben Prognosecharakter.
Multimediale Dokumentation: http://media.aperto.de/google_epic2015_de.html, 6. Mai 2014
Ausgangssituation
Die vorliegende Dokumentation fokussiert auf die Nutzung des Internets bzw. des Web - und nicht auf dessen Technologie. Letztere wurde vorausgesetzt und im Sinne einer treibenden Kraft zur Kenntnis genommen. Die Verlegung der Betrachtung von der Technik auf deren Anwendung bedeutet einen Paradigmenwechsel in der Schwerpunktsetzung der Begriffe "Web" und "Internet".
Suchmaschinen
2004 waren Suchmaschinen, vor allem Google, längst etabliert und gehörten neben E-Mail in das Standardrepertoire aller Gruppierungen der Internet-Benutzer.
Sogenannte Robots durchsuchen permanent den globalen Webspace nach Änderungen und Neuerungen in HTML-codierten Dokumenten und teilweise auch proprietären Formaten (z.B PDF, MS Word), um diese nach Begriffen in Überschriften, Bild-Unterschriften, Volltexten oder Metainformationen und Links zu durchsuchen, zu beschlagworten und letztendlich zu gewichten.(Page-Rank-Algorithmus).
Abbildung: Visualisierung der Content-Analyse
Quelle: http://media.aperto.de/google_epic2015_de.html, 6. Mai 2014
Anmerkung: Der Page-Rank einer Website auf einer 10-teiligen Skala kann abgefragt werden.
Blogs, Wikis, Wikipedia
Der als Online-Lexikon bekannte Dienst "Wikipedia" nimmt 2001 seinen Betrieb auf. Das Unternehmen "Blogger" wird bereits 1999 gegründet. Anfang des Jahrhunderts verbreiten sich Weblogs auch im deutschsprachigen Raum. Der Weblog des "Schockwellenreiters", alias Jörg Kantel, gilt als der Bekannteste seiner Zeit.
Abbildung: Logo des Blog-Dienstes "Blogger"
Quelle: http://media.aperto.de/google_epic2015_de.html, 6. Mai 2014
2003 geht der erste, österreichische Blogservice "twoday" (14.3.2011) in Betrieb. 2003 ist auch das Gründungsjahr des vorliegenden Lernblog-Dienstes ::Collabor:: eine partizipative, universitäts-übergreifende Plattform zwischen der HTW-Berlin, der Universität Salzburg und der Johannes Kepler Universität Linz, im Rahmen einer Verbund-Vorlesung an drei Orten.
Den, bis zum Auftreten von Blogs und Wikis vornehmlich rezipierenden Nutzern des Web (Web 1.0), war damit die Möglichkeit eröffnet, selbständig, ohne Informatik-Kenntnisse und spezieller Ausrüstung, im Web zu veröffentlichen, wenngleich mehrheitlich in kurzen Beiträgen oder Kommentaren. Es folgen Foto- und Video-Sharing-Dienste. Der Mikro-Content wurde geboren.
Soziale Netze
Friendster, ein Dienst der kategorisch heute zum Kern der sozialen Netzwerk gezählt wird, wurde 2002 gegründet und verbuchte erste Erfolge im englischsprachigen und asiatischen Raum.
Abbildung: Logo des sozialen Netzwerkes "friendster"
Quelle: http://media.aperto.de/google_epic2015_de.html, 6. Mai 2014
Später folgen "MaySpace" und in weiterer Folge "Facebook". Der beliebte Dienst "Twitter" startet 2006 seinen Dienst.
Analyse
Mittlerweile ist der Zeitpunkt der fiktiven Rückschau fast erreicht. Was ist eingetreten - was nicht?
Unternehmenswert und Unternehmenszusammenschlüsse
Angenommene Unternehmenszusammenschlüsse im Großformat, wie Amazon und Google, sind zwar nicht erfolgt, aber Unternehmensübernahmen stehen auf den Tagesordnungen der "Big Player". Medienunternehmen, Giganten der Internet-Branche und Unternehmen der traditionellen Computerbranche kämpfen um die Einverleibung kleiner Unternehmen mit innovativen Technologien. Das Sprießen von "Startups" ist die Folge, Unternehmen, die es darauf anlegen aufgekauft zu werden oder mit einem "Millionenkapital" an die Börse zu gehen. Diese Entwicklung hat die Writschaftskriese 2008 nur kurzzeitig gedämpft.
Automatisierte Verarbeitung von Nachrichtenstömen
Abbildung: Visualisierung der automatisierten Verarbeitung von Nachrichtenströmen
Quelle: http://media.aperto.de/google_epic2015_de.html, 19. März 2013
Den, in der vorliegenden Dokumentation nur implizit angedeuteten Diensten wie "NowPublic" (gegründet 2005) und "Amazon Mechanical Turk" (Beta-Stadium bis heute) liegen Geschäftsmodelle zu Grunde, welche auch Laien in die publizistische Produktion einbinden. "Jeder trägt bei und kann sein Leben zum Teil der Medienlandschaft machen." (ebenda)
Es folgt die Ausdehnung der permanenten Suche und Verarbeitung neuer Inhalte im Web, vor allem Veröffentlichungen in Weblogs, Wikis und Sozialen Netzen, zum Zwecke der Gewinnung von Daten für die Generierung von Nachrichten und einer fundierten, datenbasierten Marktanalyse (Big Data). Die klassische Marktforschung mittels Befragung oder Interview verliert womöglich an Bedeutung.
Abbildung: personalisierter, automatisierter Nachrichtendienst
Quelle: Quelle: http://media.aperto.de/google_epic2015_de.html, 19. März 2013
Der Datenhunger nach personalisierten Daten zieht die Missachtung des Datenschutzes, auf beiden Seiten - Diensteanbieter wie Nutzer - nach sich. NutzerInnen Sozialer Medien geben bewusst oder unbewusst, freiwillig, oftmals leichtsinnig oder unfreiwillig Teile ihrer Privatsphäre preis, die vor der Epoche der Sozialen Medien nur - und wenn überhaupt - Vertrauenspersonen zugänglich gemacht worden wären.
Abbildung: personalisierte Datensammlung
Quelle: Quelle: http://media.aperto.de/google_epic2015_de.html, 19. März 2013
Mobile "Medienplayer"
Abbildung: "wifiPod"
Quelle: http://media.aperto.de/google_epic2015_de.html, 19. März 2013
Der vorausgesagte "wifiPod" von Apple ist Symbol für die rasche Verbreitung sogenannter Smartphones und Geräte der Mobilkommunikation.
Geolokalisierung
Die Kombination von Mobilgeräten und GPS tragen zur Geolokalisierung nahezu aller Daten bei. Dienste, welche geolokaliserte Daten zum Kern ihres Angebotes machen verbreiten sich parallel zu den Mobilgeräten.
Abbildung: Geolokalisierte Nachrichten
Quelle: http://media.aperto.de/google_epic2015_de.html, 19. März 2013
Schlussfolgerung
Google Epic 2015 konzentriert sich auf die Nutzung des Web und verschiebt das "Phänomen-Web" vom (allein) technologischen zum auch, oder überwiegend gesellschaftlichen.
Das beinahe theatralisch dargestellte Verschwinden des "vierten Standes", mit dem Medium "Zeitung" - repräsentiert durch den berühmten Vertreter "New York Times" - scheint etwas überzogen, weist aber unmissverständlich auf radikale Änderungen in der Medienlandschaft hin. Nicht nur die Zeitung, sondern auch das Buch, Fernsehen und Film nehmen neue Formen der Rezeption an, sie werden nicht verschwinden, aber sie mutieren. Der Journalismus, als Qualitätssicherung der künftig allgegewärtigen Medien, scheint nicht zu verschwinden. Die Geschäftsmodelle die dem 4. Stand das sein Überleben sichern sind erst in Entwicklung.
Pressefreiheit ist nicht mehr "die Freiheit von zweihundert reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten (Q1)", sondern "die Freiheit von mehr als zwei Milliarden Menschen mit Internetzugang, ihre Meinung ins Netz zu stellen (Q2).
Umfrage:
Bitte nehmen Sie an der kurzen Umfrage zu Google Epic 2015 teil.
Quellen:
- (Q1) Theodor Herzl in A. Wolf: Wozu brauchen wir noch Journalisten ?, Wien 2013 Seite 55.
- (Q2) A. Wolf: Wozu brauchen wir noch Journalisten ?, Wien 2013 Seite 56.
Zur Definition des Onlinejournalismus
Hans.Mittendorfer.Uni-Linz, 8. Mai 2014, 10:33
Wer die Diskussion um das Ringen nach einer eindeutigen Definition von Jounalismus in der Lehrveranstaltung verfolgt hat, etwa den Versuchen "redaktionelle Aktivitäten" von "journalistischen Aktivitäten" klar abzugrenzen, könnte zum Schluss kommen, dass der Begriff "Onlinejournalismus" eine Oxymoron ist. Nicht jeder Begriff, nicht jedes Phänomen hält dem Konzept des Bedeutungswandels, hervorgerufen durch den technischen, kulturellen, ökonomischen oder gesellschafltichen Wandel, statt.
Journalisums hat sich, wie zum Teil in den Präsentationen zum Thema ausführlich dargestellt wurde, vor allem entlang der Entwicklung des Buchdruckes, in weiterer Folge der Telematik (Fernsprechen, Fernschreiben) und ebnso entlang der Entwicklung der Massenmedien klassicher Prägung (TV, Rundfunk, Printmedien) gebildet. Den genannten Medien klassicher Prägung gemeinsam war und ist weiterhin, dass sie sich oligopolistisch - in Diktaturen bekannter Weise monomolistisch - verhalten. Das heißt, wenige Anbieter von Informationen stehen vielen (einer Zielgruppe) oder allen (der dispersen Masse) an Nachfragern bzw. Rezipienten gegenüber. Dieses Anbieter-/Nachfrager-Verhältnis war auch bis zum Aufkommen von "Web 2.0" für das Internet prägend. Dann kam das Ploypol. Viele Informationsanbieter und viele Nachfrager - ein "Alle" scheint es in diesem Konglomerat nicht mehr zu geben.
Die Mirgation der Anwendung des Begriffes von Web 2.0 zu Social Media, bzw. deren fragwürdige Gleichsetzung hat zumindest den Vorteil, dass von der Technologie-zentrierten Betrachtung auf eine Gesellschafts-zentrierte Betrachtung gewechselt wurde. Social Media ist ein neues, bis zu deren Aufkommen nie dagewesenes Phänomen und es ist darüber hinaus auch fast, bis auf die Ausnahmen des Digital Divide, global.
In das Tätigkeitfeld des Journalismus wandern mit den Anwendungen der Social Media - wobei bereits die Korrektheit des Begriffes "Media" stark in Frage gestellt werden kann - neue ökonomische Modelle (Geschäftsmodelle), neue rechtliche Aspekte (z.B. Datenschutz- und Urheberrecht), neue Technologien (Mobilkommunikation, Geolokalisierung) und neue Darstellungsformen, alle mit hoher Verbreitungs- und Anwendungsdichte ein. Und letztendlich stellt sich nun intensiver denn je die Frage: Wer ist in diesem Umfeld (noch oder schon) Journalist?
Nicht jeder und jede die einen Computer einschalten kann
Alois.Pluschkowitz.Uni-Sbg, 8. Mai 2014, 15:33
und sich beim Tippen nicht gerade die Finger bricht ist bereits deswegen schon ein/e Journalist/in, genauso wenig wie SchriftstellerIn oder WissenschafterIn. Journalismus ist ein Berufs- und Tätigkeitsfeld zudem eine Reihe von Ausbildungswegen existieren – jenseits eines gesetzlich festgelegten formalen Befähigungsnachweises – dazu gehören i.d.R. zusätzlich zu einem Universitätsabschluss, Post Graduate Kurse, Lehrgänge, Volonariate. Entscheidend jedoch ist eine mehrjährige berufliche Bewährung in einer anerkannten Medienorganisation bzw. einem Unternehmen. Unabhängig davon in welchem Medium diese Prozeduren stattfinden.
Diese definitorische Idee ist natürlich nicht perfekt aber sie ist ein Ausgangspunkt um weiter zu diskutieren und Angebote im Web zu unterscheiden. Eine Bestimmung des Gegenstandsfeldes ist unabdingbar wenn es darum geht etwa aktuelle Entwicklungen von Darstellungsformen im Online-Journalismus sich anzusehen (oder zu erforschen). Definition führen, sofern brauchbar und angewandt zu mehr Klarheit, also Gewissheit also Wissen. Und darum gehts ja, oder?
Will man mehr Klarheit über Kommunikationsverhältnisse im Web so ist Polemik nicht der richtige Weg. Vielmehr gilt es mehr denn je zu unterscheiden wer im Web mit welchen Absichten, Strategien und Angeboten präsent ist.
Das Verschwinden von ...
stephan.hackl.uni-linz, 28. Mai 2014, 17:45
... Tageszeitungen mag ich bezweifeln. Qualitativer Journalismus ist rares Gut, wenn gleich zu beobachten ist, dass mit der zunehmenden Verbreitung des Webs die Zahl der Hoaxe anstieg. Klar mag es den einen oder anderen Blogger geben, der in der Lage ist gewisse Reichweite zu erlangen. Tasächlich glaube ich aber, dass die Tageszeitung so schnell nicht verschwinden wird, da die Exklusivität, bzw. das Gefühl dessen, im Mainstream immer wichtiger wird.
Against Google Epic 2015
stephan.hackl.uni-linz, 2. Juni 2014, 10:46
Erstaunlich wie nahe an der Realität im Jahr 2004 ein Ausblick in die Zukunft des Webs und den großen Playern in diesem Medium gegeben wurde. Versetzt man sich in der Zeit zurück, an das Datum der Veröffentlichung, scheinen die prognostizierten Sachverhalte ziemlich plausibel. Betrachtet vom heutigen Standpunkt, ist anzunehmen, dass Google und Amazon sich ihrer Position im Web als sogenannte pure player durchaus bewusst sind und ein Syndikat aufgrund dessen sehr wahrscheinlich sogar vermeiden werden. Wenngleich ein Zusammenschluss in Anbetracht der heutigen Position beider Unternehmen kartellrechtliche Herausforderungen mit sich bringen würde, wäre interessant zu erheben wie der Markt darauf reagieren würde.