Praesentation Der 1. Browser-Krieg
Tobias.Fruehauf.Uni-Sbg, 20. Mai 2011, 11:03
Die kostenlose Verbreitung des Mosaic-Browsers und dessen Nachfolger Netscape Navigator machten das World Wide Web sehr schnell äußerst populär. Dass dieser Popularitätsschub nicht von anderen IT-Unternehmen unbeachtet blieb war eine logische Folgerung.
Mit der steigenden Popularität merkte 1995 auch Microsoft die Bedeutung des WWW und "erhob das Internet zu einem neuen und wichtigen Bestandteil der Firmenstrategie"(Jendryschik 2009: 69). Microsoft hatte enorme Angst von einer kleineren Firma vom Markt verdrängt zu werden und als Aufsteiger von einem "Garagen Unternehmen" zum Weltkonzern abgelöst zu werden. Netscape war als die existenzielle Gefahr für das eigene Unternehmen erkannt worden. Doch auch Netscape erkannte die Gefahr, dass eine mächtigere Firma das Potenzial des WWW und der Webbrowser erkennen könnte und auf den Markt drängen würde.
Quelle: http://www.youtube.com/watch?v=jWX33cCbtvg
Microsoft begann nun unverzüglich in das World Wide Web zu investieren. Aufgrund des Zeitdrucks der durch den Markt beherrschenden Netscape Navigator bestand, entwickelte Microsoft keinen eigenen Browser, sondern lizenzierte den Browsercode eines kleinen Webseiten-Betrachtungsprogrammes namens Spyglass. Basierend auf diesen entwickelten die Programmierer von Microsoft in Eiltempo den Internet Explorer, der im August 1995 veröffentlich wurde. Das Konkurrenzprodukt zum Netscape Navigator war geboren und der 1. Browser Krieg eröffnet.
Microsoft vs. Netscape
Erstmals standen sich zwei große IT-Konzerne, mit unterschiedlichen Voraussetzungen, einem erbitterten Kampf um Marktanteile im Internet gegenüber. Um die verschiedenen Voraussetzungen der Unternehmen zu verdeutlichen, kann eine Metapher aus dem Fußball herangezogen werden. Es stehen sich zwei Teams gegenüber, die bedingt durch Rahmenumstände auf verschiedene Managementstile zurückgreifen. Das eine Team ist ein Ausbildungsverein (Netscape), der auf die eigene Jugend setzt und das Andere ein Verein, der die besten Spieler für teures Geld zusammenkauft (Microsoft).
Netscape konnte den Pioniergeist in Sachen Browserentwicklung für sich in Anspruch nehmen. Microsoft hingegen stoß erst spät zu den Entwicklungsprozessen im Internet hinzu und versuchte durch Investitionen und Abwerbungen auf dem Markt Fuß zufassen, um diesen schließlich zu dominieren. Doch welches Unternehmen hatte die bessere Ausgangslage?
Vorteil Microsoft
Das Internet wurde 1995 zum Massenmedium und Netscape führte die Entwicklung an. Mit 75% Marktanteil am Browsermarkt (vgl. Jendryschik 2009: 69) hatte Netscape den Vorteil bereits als Marktführer etabliert zu sein und konnte die Rolle des Technologieführers für sich in Anspruch nehmen.
Doch auch Microsoft hatte gegenüber Netscape Communications entscheidende Vorteile. Auch wenn Microsoft im Bereich Internet noch kaum Aktivitäten setzte, darf man nicht vergessen, dass Microsoft die Computerwelt beherrschte. In der Computerwelt hat derjenige am meisten Macht, der das Betriebssystem, auf dem alle anderen Programme laufen, dominiert. Auf rund 95% aller Computer lief damals das Betriebssystem Microsoft Windows, dass auch heute noch auf rund 90% aller PCs läuft (vgl. Jendryschik 2009: 70).
Microsoft hatte Angst, dass mittels eines Webbrowser wie den Navigator das Betriebssystem übergangen werden würde und das Webbrowser-User Interface zukünftig als alleinige Computersteuerung fungieren könnte. Um dies zu verhindern integrierte Microsoft daher den Internet Explorer in sein Betriebssystem Windows, was die Gründe für den externen Erwerb des Netscape Navigators effektiv verminderte.
Ein weiterer Vorteil für Microsoft lag in den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln gegenüber der weniger betuchten Konkurrenz. Microsoft konnte die besten Programmierer mit viel Geld anwerben, generell mehr Entwickler beschäftigen und eine immense Marketing Maschinerie auffahren. Bereits bis zum Jahre 1999 beschäftigte Microsoft mehr als 1000 Mitarbeiter die an der Entwicklung und Vermarktung der Webbrowser mitwirkten, eine enorme Anzahl wenn man bedenkt das den ersten Browser eine Handvoll Studenten entwickelten (vgl. Jendryschik 2009: 69).
Angst und Motivation
Die größte Angst von Microsoft war wie bereits angesprochen, das Betriebssystemmonopol bei den Personal Computern zu verlieren. Der Netscape Navigator enthielt eine Reihe von Programmierschnittstellen, die von Entwicklern genutzt werden konnten, eigenständige Programme auf Basis von Netscape zu schaffen. Die Befürchtung war groß, dass der Netscape Navigator als ein Art systemübergreifender Betriebssystemaufsatz fungiert der das Windows-Monopol gefährdet. Für Microsoft ging es daher in erster Linie darum Marktanteile von Netscape mit allen Mitteln zu verringern. Dass hierbei nicht immer alles mit rechten Dingen zu ging und welche ökonomischen Implikationen damit verbunden waren könnt ihr in folgendem Ausschnitt sehen:
Quelle: http://www.youtube.com/watch?v=5stkNj268Wc
Der weitere Verlauf
Die genannten Vorteile von Microsoft führten schnell zum Erfolg. Dank großer Geldmittel konnte die Entwicklung und Weiterentwicklung des eigenen Webbrowsers äußerst schnell voran getrieben werden und, mit am wichtigsten, mit dem dominierenden Betriebssystem Windows gebündelt werden. In Folge wurde "der Browser-War zwischen Microsoft und Netscape vor allem über die Entwicklung neuer, meist keinem Standard folgender Browser-Funktionen ausgetragen. So entwickelten sich nach und nach zwei Browser, die bis auf eine kleine Teilmenge des HTML-Standards praktisch in keinem Punkt kompatibel waren" (Jäger 2008: 10).
Besonders für Webentwickler stellte die Inkompatibilität der Browser ein Problem bei der Entwicklung von neuen Applikationen dar. Die Browserhersteller hingegen verfolgten mit dieser Entwicklung ihre Position am Markt zu verbessern. Durch proprietäre Ergänzungen von Funktionalitäten und eigenständigen Erweiterungen des WWW-Standards versuchten beide Unternehmen ihre Vormachtstellung zu festigen. Der Browser Krieg wurde zum Entwicklungswettkampf.
Quelle: http://www.youtube.com/watch?v=4ZLAjWSdftQ
Verlierer Netscape
Netscape vertraute in dieser Phase zu stark auf den scheinbar uneinholbaren Marktanteil und erweiterte seinen Browser mit mehr oder weniger nützlichen Funktionen, ohne aber kritische Fehler zu beheben. Im Gegensatz aber machte sich Microsofts Bündelungsstrategie bezahlt. Ab Windows 98 war der Internet Explorer fest ins Betriebssystem integriert und die User folgten dem "Motto" von Microsoft, "Was einmal installiert ist benutzen die Leute auch" (vgl. Buxmann/Diefenbach/Hess 2008: 29). Die Marktanteile des Internetexplorers stiegen in der Folgezeit von weniger als drei Prozent auf über 95 Prozent (vgl. Buxmann/Diefenbach/Hess 2008: 29).
Nach diesem rasanten Verlust von Marktanteilen und der Konkurrenzfähigkeit, gegenüber des Microsoft Browsers Internet Explorer, gab Netscape 1998 den Quellcode für ihren Internetbrowser Navigator als Open Source frei. Das Ende des Navigators konnte allerdings auch mit diesem Schritt nicht abgewendet werden. Im November desselben Jahres wurde Netscape von AOL gekauft und viele Entwickler des einstigen Browser-Flaggschiffes Navigator entlassen.
Die Folgen
Der Schritt den Quellcode des Navigators freizugeben führte für Netscape zwar nicht zu dem erwünschten Ergebnis, führte aber nichtsdestotrotz zur Geburtsstunde des Mozilla Projektes und des Internetbrowsers Firefox, den späteren größten Konkurrenten des Internet Explorers. Auch im Sinne der Open Innovation setzte der Vorgang ein Ausrufezeichen für gemeinschaftliche Entwicklungsprozesse und Partizipation im Internet.
Microsoft und Netscape hatten jeweils verschiedene Ansätze für neue Funktionalitäten vorgeschlagen. Für Webentwickler hieß dies, dass neue Seiten und Anwendungen mit großem Aufwand stets separat für beide Browser und deren Versionen getestet werden mussten. Mit "dem Sieg von Microsoft gab es nur noch einen Browser, für den Code geschrieben werden musste"(Alby 2008: 13). Anstatt Webapplikationen für einen zweiten Browser komplett neu zu schreiben, reichten nun schon kleinere Anpassungen von Browser zu Browser (vgl. Alby 2008: 14).
Ebenso konnten dadurch erhebliche Kosten und Zeit bei der Entwicklung von neuen Applikationen gespart werden. Ein Resultat des Browser Krieges ist beispielsweise die Entstehung von sogenannten Rich User Interfaces, die mehr Funktionalität als herkömmliche Websites bieten und dem Funktionsreichtum der Personal-Computer-Anwendungen immer näher kommen (vgl. Alby 2008: 14).
Nach einer gewissen Zeit des Friedens sollte jedoch der Browser-Krieg mit alten und neuen Akteuren weitergeführt werden. Mehr darüber erfahrt ihr auf dem Blog meiner Kollegin Teresa Vieth.
Die gesamte Dokumentation über den ersten Browser Krieg "Das Internet - Krieg der Browser" findet ihr übrigens zusammengestellt noch einmal auf Eine Einführung zum Thema Browser-Krieg.
Literatur:
Alby, Tom (2008): Web 2.0. Konzepte, Anwendungen, Technologien. München: Hanser.
Buxmann, Peter/Diefenbach, Heiner/Hess, Thomas (2008): Die Softwareindstrie. Ökonomische Prinzipien, Strategien, Perspektiven. Berlin: Springer.
Jäger, Kai (2008): Ajax in der Praxis. Berlin: Springer.
Jendryschik, Michael (2009): Einführung in XHTML, CSS und Webdesign. Standardkonforme, moderne und barrierefrei Websites erstellen. 2., akt. und erw. Auflage. München: Addison-Wesley.
Browser-Krieg Teil2
teresa.vieth.uni-sbg, 15. Mai 2011, 17:04
Den 2. Teil zum Browser-Krieg findet ihr in meinem Blog.