Statements Long Tail vs. Blockbuster

Tobias.Fruehauf.Uni-Sbg, 11. Juni 2011, 15:00

In meinem Statement zum Thema Die Zukunft der Nischen - The Long Tail befasse ich mich näher mit der Theorie des Long Tail im Vergleich mit der auf Mainstream fokussierten Blockbuster-Strategie. Durch was zeichnen sich beide Ansätze aus und welchem gehört die Zukunft? Dies sind interessant Fragen die im Rahmen dieses Statements angesprochen und erörtert werden  sollen.

 

Die Theorie des "Long Tail"

Der traditionelle Handel muss sein Angebot aufgrund begrenzter Verkaufsflächen sehr stark an der Nachfrage der Masse orientieren. Ladenhüter und alle sonstigen Artikel die nicht profitabel sind werden schnell aus der Angebotspalette entfernt. Sogenannte Nischenprodukte sind somit nur selten bis kaum verfügbar.

Chris Anderson, Chefredakteur des amerikanischen Magazins "Wired" und Autor des Buches "The Long Tail - Nischenprodukte statt Massenmarkt" stellt dazu eine fast schon revolutionäre These auf. Ermöglicht durch das Internet liegt die Zukunft in der breiten Befeuerung von Nischenmärkten, während die Konzentration auf Mainstream und Megaseller eine überholte Strategie ist (vgl. Pohl 2006: o.S.). Anderson führt in diesem Zusammenhang den Begriff des "Long Tail" ein.

The Long TailQuelle: http://www.czyslansky.net/wp-content/uploads/2008/07/long-tail.png, 10.06.2011

 

Der Begriff "Long Tail" basiert auf der Form einer Häufigkeitsverteilung, die in der oberen Abbildung eines Brachiosaurus metaphorisch dargestellt ist. Links stehen die wenigen, häufig nachgefragten Mainstreamprodukte, während sich rechts die vielen, selten nachgefragten Nischenprodukte, repräsentiert durch den immer dünner werdenden Dionosaurierschwanz, erstrecken. Der neue Markt sieht demnach graphisch dargestellt folgendermaßen aus:

 

The Long Tail

Quelle: http://www.hwr-blog.de/wp-content/uploads/2010/11/long_tail_graph.gif, 11.06.2011

 

Anderson folgert daraus, dass ein Anbieter im Internet durch eine große Anzahl an Nischenprodukten Gewinn machen kann, da geographische und distributionelle Beschränkungen, die in konventionellen, realen Märkten die Kosten um eine Nische zu erreichen in die Höhe treiben würde, wegfallen (vgl. Cole 2008: o.S.). Zudem ist durch das Internet die Chance sehr groß Kunden zu erreichen, die ein spezifisches Nischenprodukt erwerben möchten.

 

Die Blockbuster-Strategie

Im Gegensatz zur Theorie des Long Tail steht die vor allem in der Medien- und Unterhaltungsbranche beliebte Blockbusterstrategie. Bei dieser konzentrieren Produzenten ihre Marketingressourcen auf eine kleine Anzahl von wahrscheinlichen Bestsellern. Der Pay-off gelegentlicher Hits deckt die Verluste von vielen "Fehlschüssen" und stellt den größten Anteil des Umsatzes und Gewinns dar. Im Jahr 2006 waren beispielsweise lediglich 20% der Titel des amerikanischen Verlagshauses Grand Central für rund 80% des Umsatzes und für über 80% des Gewinns verantwortlich (vgl. Elberse 2008: o.S.).

 

Gehört dem Long Tail  die Zukunft?

Im Handel und in der Gesellschaft hat sich im Laufe der Zeit viel geändert hat. Heute leben wir in einer Welt allgegenwärtiger Informations- und Kommunikationstechnologien. Löst der Long Tail die altehrwürdige Strategie des Blockbuster ab? 

Die Ökonomen und Autoren des 1995 erschienenen Buchs "The Winner-Take-All Society" Robert Frank und Philip Cook meinen ganz klar nein. Sie behaupten, dass schnelle, breite Kommunikation und einfache Replikation eine Dynamik schaffen wodurch beliebte Produkte überproportional profitabel für den Anbieter werden und Kunden sich sogar wahrscheinlicher in ihrem Geschmack und ihren Kaufgewohnheiten angleichen. Die Autoren führen drei Gründe an (vgl. Elberse 2008: o.S.):

 

  • Geringe Begabung ist ein schlechter Ersatz für großes Talent. Warum würden Menschen eine zweitbeste Aufnahme von Carmen hören wollen, wenn die beste leicht verfügbar ist?
  • Menschen sind von Natur aus sozial und finden einen Nutzen im Hören und Sehen von gleicher Musik und Filmen.
  • Wenn die Grenzkosten von Reproduktion und dem Vertrieb von Produkten gering sind, wie z.B. bei digitalisierbaren Gütern, ist der Kostenvorteil eines regen Verkaufs enorm.

 

Dem widerspricht allerdings, dass die Umsätze von Major Labels in der Musikbranche Jahr für Jahr unaufhaltsam zurückgehen. Hierfür sind sicherlich nich nur illegale Downloads im Internet verantwortlich. Vielmehr liegt es daran, dass die Blockbuster-Strategie auf massiven Investitionen in konventionelle Vertriebs und Werbemaßnahmen beruht und "Fehlschüsse" kompensiert werden müssen (vgl. Cole 2008: o.S.). Potenzielle neue Märkte werden dadurch außen vor gelassen.

Was auch nicht vergessen werden darf, ist dass durch die Blockbuster-Strategie höchstens große Konzerne profitieren. Der Long Tail ermöglicht es aber auch kleinen Nischenanbietern erfolgreich am Markt teilzunehmen. Mit der Hilfe von Aggregatoren wie Amazon und Ebay kann jeder zum Anbieter werden. Die Distribution wird demokratisiert und der Zugang zur Nische erleichtert.

 

Fazit und Ausblick

Der Long Tail ist eine neue ökonomische Denkweise die den modernen Leitgedanken der Demokratisierung und Partizipation im Web 2.0 entspricht. Dennoch fehlt sicherlich auch noch ein grundsätzliches Vertrauen gegenüber kleinen Produktanbietern. Wer nicht hat sich schon mal bei einer Bestellung bei Ebay gefragt ob das "Nischenprodukt" dann auch wirklich funktioniert und ob Zahlung und Lieferung ohne Probleme erfolgen? Hier besteht eine Chance für Mainstream-Anbieter. Sie können Sicherheit, Orientierung und Qualitätsstandards in der "Onlinevielfalt" bieten. Für die Nische hingegen gilt es das Vertrauensdefizit zu überwinden. Mit der Globalisierung der Nische und der Bildung von Communities ist ein großer Schritt bereits getan. Doch noch ist unklar welche ökonomische Denkweise das neue Web in der Zukunft prägen wird.

 

Weiterführende Literatur:

Anderson, Chris (2006): The Long Tail. Why the Future of Business Is Selling Less of More. New York: Hyperion.

Frank, Robert/Cook, Philip (1995): The Winner-Take-All Society. Why the Few at the Top Get So Much More Than the Rest of Us. New York: Penguin Books.

 

Quellenverzeichnis:

Cole, Tim (2008): Von Nischen und Mäusen. Online im Internet unter: http://www.czyslansky.net/?p=74#more-74, 10.06.2011.

Elberse, Anita (2008): Should You Invest in the Long Tail?. Online im Internet unter: http://hbr.org/2008/07/should-you-invest-in-the-long-tail/ar/1, 10.06.2011.

Pohl, Gerrit: Der Long Tail. Das dünne Ende der Ladenhüter. Online im Internet unter: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,447490,00.html, 10.06.2011.

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