Aktuelle Beitraege Der Code der Jugendlichen - ein Versuch der systematischen Darstellung

dieter.boehm.uni-linz, 17. Mai 2014, 21:54

Wie empfinden Jugendliche zwischen 14 und 29 Jahren ihren Altag, welche Symbole, Gesten, Kleidung sowie gesellschaftspolitische Umwelten beeinflussen sie und wie können Erwachsene diese verstehen aber auch wie funktioniert der Austausch innerhalb dieser Altergruppe? Im nachfolgenden Blog-Beitrag wird versucht, die Codes der heutigen Jugendlichen systematisch darzustellen und deren Bedeutung anhand von einigen Attributen beispielhaft zu illustrieren.

Eine gute Ausgangsbasis dazu bildet die von INTEGRAL veröffentliche Studie des Jugendmileus [Q1] [Q2], um neben der Sprache (wie von Christian Eller beschrieben [Q3]) weitere gebräuchliche Codes systematisch zu erläutern und zu kommentieren. Die Studie basiert auf Basis von 50 tlw. mehrstündigen Explorationen mit jungen ÖsterreicherInnen sowie 1.500 Online-Intervierws (repräsentativ).

Grundaussage dieser Studie ist, dass es DEN TYPISCHEN Jugendlichen nicht gibt, die heutige Jugend ist "hybird", lässt sich bei genauerer Betrachtung in sechs Grundtypen einteilen, jedoch nicht wirklich verallgemeinern (wenn keine anderen Quellen angegeben beziehen sich die Informationen auf Inhalte in [Q1] und [Q2]):

Die erste Gruppe, unter die der Großteil der Jugendlichen fällt, sind die sogenannten Hedonisten. Diese können auch als "moderen Unterschichtsjugendliche" ("frühere Proletarierer") subsumiert werden, da sie oft aus benachteiligten sozialen Sichten stammen.

  • Merkmale dieser fiktiven Gemeinschaft sind die gelebte Emotionalität, die Spontanität sowie das "in den Tag Leben". Konsum und Spass stehen hier immer im Vordergrund, was sich auch bei Statussymbolen, Umfangsformen und Ritualen widerspielgt, ebenso wie bevorzugten Orte (z.B. Discos oder bekannte Partystrände auf Mallorca & Co). Als Beispiel können hier die Teilnehmer der ATV-Serie "Saturday Night Fever" [Q4] herangezogen werden. Sie bilden in der Gruppe der Raucher die größte Gruppe [Q7].
  • Politisch finden sich Jugendliche dieses Grundtyps eher im Lager von SPÖ und dem Team Stronach. Internet und soziale Netzwerke werden eher für Spiel und Unterhaltungm sowie für Gewinnspiele und Posting in Facebook genutzt.

 

Die zweitgrößte Gruppe bilden die digitalen Individualisten, die sich in der ständig wandelnden Gesellschaft am Wohlsten fühlen. Aufgrund der guten Ausbildung sind diese experimentierfreudig und kreativ und schauen der Zukunft positiv ins Auge, da durch die sozialen Kontakte ihrer Eltern der Einstieg in die Gesellschaft tatkräftig unterstützt wird.

  • Merkmale dieser fiktiven Gemeinschaft sind die ständige Suche nach neuen Erfahrungen [Q5], neigen sehr stark zu spontanten budgetschonenden Urlauben [Q6] und sind mental und geographisch weltweit mobil.
  • Politisch finden sie sich eher im Lager der SPÖ, der FPÖ sowie der Piraten. Internet und soziale Netzwerke sind in jeder Hinsicht integraler Bestandteil ihres Altages (Kommunikationsbasis, Einkauf, Information).

 

Die ebenfalls gleichgroße Gruppe der Adaptiv-Pragmatischen sind auf Sicherheit bedacht, orientieren sich danach, was machbar ist, sind fleißig und passen sich den jeweiligen Gegebenheiten an. Aufgrund der elterlichen Erziehung, die in der Mitte der Gesellschaft angesiedelt ist und die ihnen permanent vermittelt, dass der aktuelle Lebensstandard nicht gehalten werden kann, sind sie eher pesimistisch. 

  • Merkmale sind die starke Leistungsorientierung aber auch damit verbunden der Wunsch nach Spass und Unterhaltung. Außerdem ist die Verankerung in der Gesellschaft sowie das Zugehörigkeitsgefühl sehr wichtig.
  • Politisch findet sich diese Gruppe eher im im Lager der ÖVP und FPÖ. Internet und soziale Netzwerke werden vorwiegend für die kontinuierliche Pflege des Freundeskreises genutzt.

 

Die vierte Gruppe wird als "Konservativ-Bürgerlich" bezeichnet und setzt sehr stark auf traditionelle Werte und auf Selbstdisziplin. Sie sind unverdrossen, optimistisch und peilen einen geradlinigen Lebensweg an. Gleichzeitig beharren sie auf alte Werte hinsichtlich Familie und Heimat und pflegen bewusst den konservativen Lebensstil.

  • Merkmale sind das "Mitschwimmen" im Mainstream, dem Wunsch nach gesicherten und harmonischen Verhältnissen, was sich auch in deren Freundeskreis und in ihrer Beziehung zu ihren Eltern widerspiegelt. Wichtig für sie ist es ebenfalls, "normal" zu sein, also praktische Kleidung zu tragen, keinen ausgefallenen Musikgeschmack zu haben und volkstümliche Kultur zu leben. [Q8]
  • Politisch lässt sich diese Gruppe am ehesten der ÖVP, der FPÖ aber auch dem Team Stronach zuordnen. Internet und soziale Netzwerken stehen sie eher skeptisch gegenüber.

 

Die vorletzte Gruppe bilden die Performer, die sehr stark auf Leistung setzen und karriereorientierte Optimisten sind. Vertreter dieser Gruppe sind schwer zu "brechen" und kommen mehrheitlich aus guten sozialen Verhältnissen mit der Überzeugung, sich in der globalen Welt gut behaupten zu können. Daraus folgt auch, dass sie sehr optimistisch sind und sich beruflich gute Verdienstmöglichkeiten ausrechnen.

  • Merkmale sind die Effizienorientierung, das globale ökonomische Denken, die hohe IT- und Multimediakompetenz und der Drang nach Materiellem, das auch gerne hergezeigt wird [Q9].
  • Politisch ist diese Gruppe sehr interessiert und eher dem Lager der Grünen aber auch der ÖVP und den Piraten zuzurechnen. Internet und soziale Netzwerke sind essentiell und werden v.a. für Informationsaustausch aber auch für relevante berufliche Vernetzung eingesetzt.


Die kleinste Gruppierung bilden die "Postmateriellen", die sich wehement gehen den Zeitgeist stemmen und den Konsum eher kritisch gegenüber stehen. Sie sind persönlich zwar relativ optimistisch, jedoch der gesellschaftlichen Entwicklung sehr negativ gestimmt. Was sie jedoch von dem großteil der Gleichaltrigen unterscheidet ist das gesellschaftliche Engagement sowie das Interesse an Politik und dessen Prozesse.

  • Merkmale sind nicht das Streben nach materiellen Gütern sondern das nach "höheren" Werten, wie Gesundheit, Freiheit, Glück, Kultur, Bildung, Tier- und Umweltschutz [Q10]. Außerdem suchen und unterstützen für soziale Gerechtigkeit und kreativ und kleiden sich (im Gegensatz zu dem Performern) wenig modisch [Q11].
  • Politisch sind sie am Ehesten den Grünen, dem Team Stronach und den Piraten zuzuordnen.

 

Fazit

Die hier dargestellte "Kategorisierung" bzw. der Versuch einer - wie gefordert - systematischen Gliederung der heutigen Jugendlichen anhand deren verwendeter Symbolik ist eine Möglichkeit, Gemeinsamkeiten zusammenzufassen, um so die "Sprache" und Denkweise der Jugendlichen zu verstehen aber auch die Schwierigkeiten der Kommunikation innerhalb der Bevölkerungsgruppe aufzuzeigen. Dies soll als Diskussionsgrundlage für weitere Kommentare meiner KollegInnen dienen.

Zugewiesene Attribute in diesem Beitrag entstammen dabei aus den angegebenen Quellen, ebensowie wie die mögliche politische Zuordnung.

 

Quellenverzeichnis

Q1   Quelle 1
Q2   Quelle 2
Q3   Quelle 3
Q4   Quelle 4
Q5   Quelle 5
Q6   Quelle 6
Q7   Quelle 7
Q8   Quelle 8
Q9   Quelle 9
Q10   Quelle 10
Q11   Quelle 11

7 comments :: Kommentieren

1A Blogeintrag

alexander.forstner.uni-linz, 18. Mai 2014, 16:58

Findet deinen Beitrag ziemlich treffend und kann dir in vieler nur zustimmen. Wobei ich sagen muss es hört sich für mich etwas zweischneidig an, wenn du zwar sagst es gibt keine Typen, dann aber einzelne Gruppen defacto Typen beschreibst. 

Ansonst spricht mir dein Eintrag von der Seele und ich habe ihn auch als Anlass genommen, für meinen Eintrag, wo ich auch die Hypothese eingehe, dass sich Jugendliche von ihren Eltern damit abgrenzen wollen 

Bei Interesse --> Der Code der Jugendlichen - Abgrenzung einer Generation

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Typenkategorisierung

dieter.boehm.uni-linz, 18. Mai 2014, 21:42

Ich bin der Meinung, dass es nicht DEN TYP von Jugendlichen gibt, also eine einzige Beschreibung und Kategorisierung dieser Bevölkerungsgruppe. Eine Gruppierung von Personen muss es aber definitiv geben (z.B,. politische Gruppierungen).

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Detailierte Ausarbeitung!

christoph.michelmayer.uni-linz, 24. Mai 2014, 18:47

Spannend finde ich in deiner Ausarbeitung, dass man Jugendliche in verschiedene Grundtypen einteilen kann. Mal ein anderer Blickwinkel auf das Thema! Meine Ausarbeitung hat sich eher in die Richtung der Jugendsprache entwickelt, womit sich Jugendliche von ihren Vorgänger-Generationen abgrenzen wollen. Thematisch quasi ähnlich der Ausarbeitung von Alex Forstner

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6 typische Jugendliche

christoph.poetscher.uni-linz, 28. Mai 2014, 19:23

Meiner Meinung nach ist die Unterteilung in nur 6 Typen etwas zu kurz gegriffen, da sich meiner persönlichen Erfahrung nach keine Person so typisch klassifizieren lässt. Der Zugang zum Thema ist allerdings interessant und beweißt - die allgemein bereits kommentierte - Tatsache über den Umfang dieses Themas auch sehr schön.

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Kategorisierung

judith.eibl.uni-linz, 29. Mai 2014, 14:43

Ich finde die von dir gewählte Kategorisierung sehr interessnat. In meinem Blogbeitrag habe ich eine alternative Kategorisierung untergebracht. Dabei geht es um die unterschiedlichen Jugend-Szenen in Österreich (z.B. Computer-Freaks, HipHopper, Techno-Fans,...) und deren Auftreten.

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Kategorisierung von Jugendlichen

birgit maria.kohl.uni-linz, 1. Juni 2014, 17:23

wird, meiner Meinung nach, als Grundlage für weitere Forschungszwecke benötigt. In meinem Beitrag habe ich diese Kategorisierung auch verwendet, da sie die derzeitige gesellschaftliche Stimmung von Jugendlichen gut verdeutlicht. Natürlich ist es nicht sinnvoll sich nur auf die Kategorien zu verlassen, da es viele verschiedene Einflussfaktoren gibt, welche die aktuellen Trends beeinflussen.
Daher sage ich auch, dass es sein kann das jemand einer Gruppe mehr zugehörig ist als einer anderen Gruppe, allerdings können trotzdem Abweichungen bestehen.

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Sehr interessante Kategorisierung

eva-maria.schober.uni-linz, 4. Juni 2014, 10:17

Der Beitrag ist, aufgrund der gewählten Kategorien, wirklich sehr interessant und aufschlussreich. Einige inhaltliche Aspekte decken sich auch mit jener Typisierung, die ich in meinem Blogbeitrag angeführt habe. Jedoch spreche ich in meiner Ausarbeitung von Multiidentitäten und -realitäten, wodurch sich Jugendliche nicht eindeutig einer Gruppe zuordnen lassen, vielmehr spricht man von einer Durchmischung, wobei sich auch diese sehr rasch ändern kann. Dh dass die vier Typisierungen die ich anführe, nicht strikt voneinander getrennt werden können, da Jugendliche parallel mehrere Identitäten entwickeln und sich nicht bewusst in eine bestimmte Richtung lenken lassen.

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