Topic: Webkommunikation
Ein Maßgeblicher Teil der Webkommunikation kann im übertragenen Sinne als "beiläufige Kommunikation" betrachtet werden, die der Aufmerksamkeit, welche beim Spaziergang dem Hund geschenkt wird, entspricht.
... oder: "Der Hund als Begleiter ist Beiläufer, er unterstützt die Motive des Spazierganges, seine Begleitung ist jedoch im letztgenannten Sinne nicht Haupt-, sondern Nebenzweck."
Entgegengesetzt dieser These, die meinem Verständnis nach aufgrund ihrer "Beiläufigkeit" einen nur sehr geringen Einfluss von Internetkommunikation auf die real-analoge Kommunikation unterstellt, würde ich gegenteilig vorschlagen, dass es genau umgekehrt ist. Internetkommunikation ist, wie ich finde, alles andere als beiläufig, weil sie eine starke Zerstreuung der Aufmerksamkeit forciert und damit auch die real-analoge, synchrone Kommunikation stark beeinflusst. Begriffe wie "Two-Screen Generation" bilden dieses Phänomen der Ubiquitarität zerstreuter Aufmerksamkeit indirekt ab. Insofern wäre dies im Sinne des im Beitrag erwähnten Karikaturisten Loriot der den Umstand, dass Hundebesitzer ihren Hund nicht unter Kontrolle haben, persifliert: "Gleitet der Spaziergang mit dem Hund jedoch in eine Eskapade von Dressurakten ab, so sollte eher von einem Spaziergang mit dem Menschen gesprochen werden." Dieser Umstand, dass die Beiläufigkeit zum Zentrum der Aufmerksamkeit wird, trifft aus meiner Sicht stärker zu als die umgekehrte Version.
Passend dazu ein (zugegenermaßen etwas langes) Zitat von Graff: "Jeder checkt und updated mittlerweile seinen Online-Status, um mit seinem Umfeld in Verbindung zu bleiben. Dabei lässt die Aufmerksamkeit für die analoge Gegenwart immer mehr nach, weil der Mensch nur noch digital um sich kreist. (...) Das hat Auswirkungen auf die Aufmerksamkeit, die man der analogen Gegenwart schenkt, in der man sich faktisch befindet. Denn es verändert sich zunehmend das Gefühl von Anwesenheit. Festzustellen ist daher, dass das, was Soziologen die Effekte der "Computervermittelten Kommunikation" (CVK) nennen, einen nennenswerten Einfluss auf die Kommunikation von Menschen hat. Der Einfluss zeigt sich in Formen des Umgangs miteinander - doch zuallererst im Wandel der Sprache." (Graff 2013: online) Graff fasst in seinem Artikel treffend und in keiner panikerzeugenden Form zusammen, wie das Internet Einfluss auf die reale Welt nimmt.
Damit ist er keineswegs allein. Auch Geert Lovink, der in seinem Buch "Networks Without A Cause. A Critique on Social Media" eine umfassenden Kulturwandel durch das Internet (im Internet) feststellt argumentiert in diesem Sinne sogar, dass die aktuelle Form der Psychopathologie sozio-kommunikativer Natur ist: Es besteht Angst, nicht mit anderen verbunden zu sein (vgl. Lovink 2011: S. 26). Auch (sicherlich auch kritisch zu betrachtende!) Argumente von Nicolas Carr sind an dieser Stelle zu erwähnen, der mittels den Ergebnissen zahlreicher Hirnforschungsstudien einen unmittelbaren Einfluss auf das menschliche Denken feststellt (vgl. 2010).
Zusammenfassend kann man bei Internetkommunikation nicht von Beiläufigkeit sprechen. Zwar sind die Motive vielleicht beiläufiger Natur, die Zerstreuung der Aufmerksamkeit ist aber alles andere als Beiläufig. Denn sie hat reale Konsequenzen.
Quellen
Carr, Nicolas (2010): wer bin ich wenn ich online bin ... und was macht mein Gehirn solange?. Wie das Internet unser Denken verändert. Blessing.
Graff, Bernd (2012): Das Echo der Geschwätzigkeit. URL: http://www.sueddeutsche.de/digital/kommunikation-im-internet-das-echo-der-geschwaetzigkeit-1.1557367, 17.03.2014
Geert Lovink (2011): Networks Without a Cause. A Critique of Social Media. Polity Press.
... oder: "Der Hund als Begleiter ist Beiläufer, er unterstützt die Motive des Spazierganges, seine Begleitung ist jedoch im letztgenannten Sinne nicht Haupt-, sondern Nebenzweck."
Entgegengesetzt dieser These, die meinem Verständnis nach aufgrund ihrer "Beiläufigkeit" einen nur sehr geringen Einfluss von Internetkommunikation auf die real-analoge Kommunikation unterstellt, würde ich gegenteilig vorschlagen, dass es genau umgekehrt ist. Internetkommunikation ist, wie ich finde, alles andere als beiläufig, weil sie eine starke Zerstreuung der Aufmerksamkeit forciert und damit auch die real-analoge, synchrone Kommunikation stark beeinflusst. Begriffe wie "Two-Screen Generation" bilden dieses Phänomen der Ubiquitarität zerstreuter Aufmerksamkeit indirekt ab. Insofern wäre dies im Sinne des im Beitrag erwähnten Karikaturisten Loriot der den Umstand, dass Hundebesitzer ihren Hund nicht unter Kontrolle haben, persifliert: "Gleitet der Spaziergang mit dem Hund jedoch in eine Eskapade von Dressurakten ab, so sollte eher von einem Spaziergang mit dem Menschen gesprochen werden." Dieser Umstand, dass die Beiläufigkeit zum Zentrum der Aufmerksamkeit wird, trifft aus meiner Sicht stärker zu als die umgekehrte Version.
Passend dazu ein (zugegenermaßen etwas langes) Zitat von Graff: "Jeder checkt und updated mittlerweile seinen Online-Status, um mit seinem Umfeld in Verbindung zu bleiben. Dabei lässt die Aufmerksamkeit für die analoge Gegenwart immer mehr nach, weil der Mensch nur noch digital um sich kreist. (...) Das hat Auswirkungen auf die Aufmerksamkeit, die man der analogen Gegenwart schenkt, in der man sich faktisch befindet. Denn es verändert sich zunehmend das Gefühl von Anwesenheit. Festzustellen ist daher, dass das, was Soziologen die Effekte der "Computervermittelten Kommunikation" (CVK) nennen, einen nennenswerten Einfluss auf die Kommunikation von Menschen hat. Der Einfluss zeigt sich in Formen des Umgangs miteinander - doch zuallererst im Wandel der Sprache." (Graff 2013: online) Graff fasst in seinem Artikel treffend und in keiner panikerzeugenden Form zusammen, wie das Internet Einfluss auf die reale Welt nimmt.
Damit ist er keineswegs allein. Auch Geert Lovink, der in seinem Buch "Networks Without A Cause. A Critique on Social Media" eine umfassenden Kulturwandel durch das Internet (im Internet) feststellt argumentiert in diesem Sinne sogar, dass die aktuelle Form der Psychopathologie sozio-kommunikativer Natur ist: Es besteht Angst, nicht mit anderen verbunden zu sein (vgl. Lovink 2011: S. 26). Auch (sicherlich auch kritisch zu betrachtende!) Argumente von Nicolas Carr sind an dieser Stelle zu erwähnen, der mittels den Ergebnissen zahlreicher Hirnforschungsstudien einen unmittelbaren Einfluss auf das menschliche Denken feststellt (vgl. 2010).
Zusammenfassend kann man bei Internetkommunikation nicht von Beiläufigkeit sprechen. Zwar sind die Motive vielleicht beiläufiger Natur, die Zerstreuung der Aufmerksamkeit ist aber alles andere als Beiläufig. Denn sie hat reale Konsequenzen.
Quellen
Carr, Nicolas (2010): wer bin ich wenn ich online bin ... und was macht mein Gehirn solange?. Wie das Internet unser Denken verändert. Blessing.
Graff, Bernd (2012): Das Echo der Geschwätzigkeit. URL: http://www.sueddeutsche.de/digital/kommunikation-im-internet-das-echo-der-geschwaetzigkeit-1.1557367, 17.03.2014
Geert Lovink (2011): Networks Without a Cause. A Critique of Social Media. Polity Press.
markus.ellmer.uni-linz | 17. März 14 | 0 Kommentare
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