Aufgaben Der Code der Jugendlichen

eva-maria.schober.uni-linz, 1. Juni 2014, 15:15

„Ja, so ist die Jugend heute, schrecklich sind die jungen Leute.“ (Wilhelm Busch)

„Die Jugend gilt heute als unengagiert, konsum- und markenverliebt; sie raucht und trinkt zu viel und engagiert sich zu wenig; statt gute Bücher zu lesen, verstümmelt sie die deutsche Sprache in Chatrooms und SMS-Botschaften; statt reale Beziehungen zu knüpfen, sitzt sie autistisch vor dem PC und sammelt virtuelle „Freunde“ in den sogenannten sozialen Netzwerken.“ (Q1) Nicht selten wird so über die heutige Jugend gedacht.

Das Image von Jugendlichen ist schon seit Jahrzehnten nicht sehr gut. (Q2) Doch welchen „Codes“ bedienen sich Jugendliche im Alltag, um die Bemühungen nach Abgrenzung und Individualität zu optimieren? Was kennzeichnet die heute Jugendlichen? Und welche Jugendkulturen/-typisierungen lassen sich unterscheiden? Mein Beitrag soll eine Überblick über einige, mögliche Codes von Jugendlichen und Typisierungen geben.

Im Grunde, möchten sich Jugendliche von den Erwachsenen abheben, sich abgrenzen von den Älteren und einfach anders sein.

Generation Y, Digital Natives oder auch Generation #YOLO (= you only live once) werden als Synonyme für heute Jugendliche genannt. (Q3) Diese Begrifflichkeiten sind darauf zurückzuführen, dass die heutige Generation der Teens in einer komplett neuen Medienwelt aufwächst. Always online, mobil, gut vernetzt und fast komplett digital verläuft der Alltag von Jugendlichen. (Q4) Dazu trägt vor allem das Smartphone einen wesentlichen Teil bei.

 

Smartphones als Statussymbol

 

Statussymbol Smartphone

Smartphones gelten als das Statussymbol von Jugendlichen wie etwa auf spiegel.de oder derwesten.de publiziert. Ein Großteil der Jugendlichen besitzt bereits ein Smartphone und wertet die Nutzung des Smartphones als sehr wichtig. Zurückzuführen ist dieses Phänomen u.a. auf das Zugehörigkeitsgefühl, denn wer ein Smartphone besitzt, hat das Gefühl „er gehöre dazu“. Außerdem kommunizieren Jugendliche vorwiegend per Smartphone und haben so nie das Gefühl allein zu sein. (Q5)

 

Multiidentitäten und -realitäten

„Die Jugendjahre sind geprägt von der Selbstfindung und der eigenen Positionierung in der Gesellschaft.“ (Q6) Früher grenzten sich die Jugendlichen klar von den Erwachsenen ab – etwa mittels der Musik oder der politischen Einstellung. Teilweise gehörten sie auch speziellen Szenen (Gothics, Skinheads, Emos usw.) an und übernahmen deren Muster in Kleidung, Haarschnitt und Sprache. Heutzutage lassen sich junge Menschen nicht eindeutig einer Gruppe / Kultur zuordnen. Vielmehr spricht man von einer Durchmischung, wobei sich auch diese sehr rasch – innerhalb von Minuten – ändern kann. Weiters wird kaum mehr zwischen realer und virtueller Welt unterschieden.

Nachfolgend werden vier Typisierungen der Jugend beschrieben, wobei zu beachten ist, dass diese nicht strikt voneinander getrennt werden können. Vielmehr deuten sie auf aktuelle Muster hin, die sich aus Befragungen und Beobachtungen von Jugendlichen hervorgetan haben. Denn alle Jugendlichen sind Individuen die parallel mehrere Identitäten entwickeln und sich nicht in eine bestimmte Richtung lenken lassen.

Decode – Kreative Freizeitelite

Muster, Werte und visuelle Codes aus der Welt der Erwachsenen werden hier aufgegriffen und kreativ zu eigen gemacht. Dies bedeutet dass zum Beispiel anstatt des Strickens von Socken nun Urban Knitting im städtischen Raum populär ist oder in etwa das bewusst gefärbte graue Haar oder das Vintage-Kleid.

 

Urban Knitting

 

Neo-Trads – Revival der Tradition

Hierbei steht das Streben nach Anpassung und Normalität im Zentrum. Begriffe in diesem Zusammenhang sind schnelles Erwachsenwerden, Zielstrebigkeit, Ehrgeiz, Vernunft, Interesse, Bildung, Mehrsprachigkeit, Weltoffenheit und gesundes Selbstbewusstsein. Dh Jugendliche versuchen das was sie bei älteren Personen sehen, selbst umzusetzen mittels Gestik und Kleidung.

Escape – Hedonistische Flucht

Dem Alltag entfliehen durch exzessiven Rausch oder rastlosen Konsum. Hauptsache man entkommt der Erwachsenenwelt, wenn auch nur für wenige Stunden.

Virtual Playground – Digitale Realität

Das alltägliche Leben besteht aus einer miteinander verbundenen Online und Offline-Welt. Dabei profilieren sich die heute Jugendlichen regelmäßig über Fähigkeiten, Kreativität, Interesse und Social Networks. (Q7)

 

Jugendsprache

Denkt man an die Jugend, kommt einem sofort die eigene Jugendsprache in den Sinn, eine Sondersprache der Jugendlichen. „Jugendsprache bezeichnet Sprechweisen bzw. sprachliche Muster und Merkmale, die unterschiedliche Gruppen von Jugendlichen zu verschiedenen Zeiten, in verschiedenen Altersstufen und unter verschiedenen Kommunikationsbedingungen verwenden oder verwendet haben.“ (Q8)

Jugendsprache

Funktionen der Jugendsprache 

  • Medium der Selbstdarstellung von Jugendlichen
  • Identifikation und Kommunikation innerhalb der Gruppe
  • Abgrenzung von der Erwachsenenwelt und der damit verbundenen Standardsprache

Kennzeichen der Jugendsprache

  • Umdeutungen vorhandenen Sprachmaterials (zB auf etwas abfahren)
  • Bildhaftigkeit und Metaphernreichtum (zB die Fliege machen)
  • Häufigkeit von Anglizismen und Amerikanismen (zB cool)
  • Sprachlich übertriebene Ausdruckshaltung (zB wahnsinnig, unheimlich, super), auch in Wortbildungen (zB affengeil)
  • häufige Verwendung von Lautwörtern als Verstärkungspartikeln (zB wow)
  • Bevorzugung mehrfacher Prädikation (zB tierisch gut, total egal)

Generell verändert sich die Sprache der Jugendlichen sehr rasch. Teilweise werden Eigenarten der Jugendsprache auch in der allgemeinen Umgangssprache integriert. Zudem versuchen auch Werbetreibende Gebrauch der Jugendsprache zu machen, um auch diese Verbrauchergruppe zu erreichen. (Q9)

 

Jugendkulturen sind Körperkulturen

Wie bereits erwähnt, ist es vor allem Jugendlichen wichtig, sich von der Masse abzuheben, einen eigenen Weg zu gehen und eine eigene Persönlichkeit zu finden. Der Körper ist oft das Mittel zur Selbstinszenierung. Neben der Körpersprache (u.a. Arroganz, Offenheit, Aggressivität) sind auch die Auswahl an Tattoos (zB strahlendes Clownsgesicht, Peace-Zeichen, Kreuz) Möglichkeiten sich als etwas Besonderes darzustellen und (keine) Aufmerksamkeit zu erlangen. Auch mit Mode lässt sich vieles ausdrücken. Während Erwachsene mittels Kleidung eher attraktiv, sympathisch und anpassungsfähig wirken möchten, verfolgen Jugendliche häufig das Gegenteil. Sie möchten Respekt erlangen und als attraktiv innerhalb der eigenen Clique wahrgenommen werden, sowie die langweiligen und spießigen Erwachsenen auf Abstand halten. (Q10)

 

Fazit:

Die Jugend ist vor allem eine Phase in der versucht wird, sich ganz bewusst von den Erwachsenen abzugrenzen. Dafür machen sie Gebrauch verschiedenster Codes, wie etwa der Sprache oder dem Auftreten und gehören unterschiedlichsten Kulturen an.

 

Quellen:
(Q1) Farin, Klaus: Über die Jugend und andere Krankheiten - Jugendkulturen heute, Springer Fachmedien Wiesbaden, 2003
(Q2) Vgl. ebenda
(Q3) Vgl. Horizont Nr. 21/2014 vom 23.5.2014, S. 9
(Q4) Vgl. werben & verkaufen Nr. 21 vom 21.5.2013, S. 34 - 37
(Q5) Vgl. http://www.derwesten.de/zeusmedienwelten/zeus/fuer-schueler/zeus-regional/niederrhein/fuer-jugendliche-ist-das-handy-ein-statussymbol-id7975309.html (Stand: 28.5.2014)
(Q6) GDI Implus 4/10, S. 104 - 106
(Q7) Vgl. ebenda
(Q8) http://de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/2437173 (Stand: 28.5.2014)
(Q9) Vgl. http://universal_lexikon.deacademic.com/172351/Jugendsprache (Stand: 28.5.2014)
(Q10) Vgl. Farin, Klaus: Über die Jugend und andere Krankheiten - Jugendkulturen heute, Springer Fachmedien Wiesbaden, 2003

 

 

2 comments :: Kommentieren

Multiidentität vs. Klassifizeriung in eindeutige Gruppen

dieter.boehm.uni-linz, 5. Juni 2014, 06:56

Der Ansatz, dass eine eindeutige Klassifizierung nicht möglich ist, wurde in deinem Blog-Betrag sehr anschaulich herausgearbeitet.

Ich kann dem Ganzen teilweise zustimmen. Einerseits ist immer die Schwierigkeit, wo fängt eine Gruppe an und welche Merkmale unterscheiden diese von anderen, weitereren Gruppen(-ausprägungen) und wo ordne ich jetzt ein Individuum ein - ist das eindeutig überhaupt möglich?

Auf der andere Seite aber sind Gruppe grobe Container, die versuchen, für den Menschen eine "Eindeutigkeit" zu simulieren. Vielleicht liegt es auch an meinem Arbeitsgebiet und der Ausbildung, aber Schubladen sind für mich wichtig, um Alltagssituationen besser erfassen und charakterisieren zu können. Dies ist aber nur dann möglich, wenn eine (hauptsächliche) Eindeutigkeit gegeben ist. Aus diesem Blickwinkel heraus ist eine direkte Zuordnung zu Gruppen (auch bei Jugendlichen) subjektiv möglich, vielleicht auch mit der Prämisse, weitere Gruppen zu schaffen, um diese Eindeutigkeit zu gewährleisten.

Mehr zu meinem "Versuch" der Klassifizierung in meinem Blog.  

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Jugend als Phase sich abzugrenzen

julia.ferrari.uni-linz, 2. Juli 2014, 23:06

Meiner Meinung nach stimmt die Aussage, dass die Jugend vor allem eine Phase ist, sich voneinander und von Erwachsenen abzugrenzen auf jeden Fall.

Ob dies nun mit Kleidung, Sprache, Auftreten, oder sonstigen anderen Codes geschieht, ist letztendlich egal. Sämtliche Codes dienen eigentlich nur dafür, sich etwas eigenes zu schaffen und klar von anderen hervorzuheben. Ich finde daran auch nichts verwerfliches, denn meiner Meinung nach kann man sich nur so selbst finden. Wenn man immer nur der Masse nachläuft und Meinungen anderer annimmt, kann man keine eigene Persönlichkeit entwickeln.

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